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LICHTBLICK/232: Vorankündigung in eigener Sache - Das 50-jährige Jubiläum steht an


der lichtblick - Gefangenenzeitung der JVA Berlin-Tegel
Heft Nr. 375 - 2/2018

VORANKÜNDIGUNG IN EIGENER SACHE

Das 50-jährige Jubiläum steht an


Am 25.10.2018 ist es soweit, der "lichtblick" wird mit der Ausgabe 03/2018 sein 50-jähriges Jubiläum feiern. Unsere Leser dürfen sich schon jetzt auf eine prallgefüllte und interessante Ausgabe freuen. Vor 50 Jahren hat der damalige Anstaltsleiter der JVA Tegel, Wilhelm Glaubrecht, die Zeitschrift ins Leben gerufen, um den Inhaftierten eine Stimme zu geben. Den Vollzug somit transparenter erscheinen zu lassen gelingt meist nur temporär, weil die hier herrschenden Missstände ständig kaschiert werden.

Nichts desto trotz, Gefangene dürfen und müssen ihre Meinung sagen und sie ausdrücken können, ohne dass sie hinter den Gefängnismauern mit Sanktionen zu rechnen haben. Sie sollen Stellung beziehen können zu all den bekannten Missständen: Die schleppende Umsetzung von Halbstrafen- oder Zweidrittel-Entlassungen, Drogenprobleme, Schwierigkeiten mit Justizbediensteten, die schlechte Personalsituation, die sich auf den Vollzug auswirkt, reduzierte Besuchszeiten oder eine mangelnde Gesundheitsversorgung. Bei dem Einsatz für gemeinschaftliche Belange über einen derartigen langen Zeitraum müssen Dinge beim Namen benannt werden, damit die Menschen draußen davon Kenntnis erlangen.

Inhaftierte sollten in den Meinungsaustausch mit den Verantwortlichen des Justizvollzuges treten. Gerade im Bereich des Vollzuges kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen, weil Sachverhalte unterschiedlich bewertet oder wahrgenommen werden. Es gilt, die Balance zwischen den Rechten und Pflichten der Inhaftierten auf der einen Seite und der Aufgabe des Vollzugs auf der anderen Seite herzustellen. Der "lichtblick" bietet Inhaftierten die Möglichkeit, das Gespräch mit den Verantwortlichen zu suchen und sich bei Konflikten auf diesem Weg zu artikulieren. Schließlich wurde der "lichtblick" so auch zum Schaufenster des Vollzugalltags und transportiert eine gewisse Transparenz, die außenstehenden Menschen hinter die Mauern blicken lässt.

Der Hinweis im Impressum: "Eine Zensur findet nicht statt!" ist daher keine Mogelpackung. Dieser Vertrauensvorschuss gegenüber der Redaktion ist eine Berliner Besonderheit. Es ist ein großes Privileg, dass von den Redakteuren in verantwortungsvoller Weise genutzt wird. Das Wort Resozialisierung mag abgegriffen klingen, aber es beschreibt doch einen Aspekt des Vollzugs, der bisher der Redaktion nicht aus den Augen geraten ist, auch wenn es mit der Umsetzung noch mächtig hapert, so ist es doch das Bestreben der Insassen, die Wiedereingliederung als ersehntes Ziel zu sehen.

Der "lichtblick" ist aus der Berliner Vollzugslandschaft nicht mehr wegzudenken und hat gezeigt, dass Kommunikation die Grundlage für Konfliktlösungen und Fortschritt ist. Darüber hinaus hat der "lichtblick" auch einen großen Informationswert für Strafverteidiger/in, weil sie genaueres über den Vollzugsalltag erfahren.

So ein Jubiläum bietet Gelegenheit sowohl für eine Rückschau als auch für einen Ausblick auf die Zukunft. Der "lichtblick" hat in den Jahrzehnten seines Bestehens eine enorme inhaltliche und technische Entwicklung genommen. Besondere Erwähnung findet das Datum 01.06.1976, weil hier eine umfassende Regelung für die Arbeit der Redakteure getroffen wurde. Das Statut fixiert die Rechte und Pflichten der journalistisch tätigen Insassen. In der Zeit des Anstaltsleiters Herrn Lange-Lehngut fiel die Entscheidung, den "lichtblick" mit Telefon- und Faxanschluss auszustatten, eine Errungenschaft die damals Stolz hervorrief.

Andere Inhaftierte zur Mitarbeit zu ermuntern und sich für andere zu engagieren wird weiterhin ein lohnenswertes Ziel bleiben, auch wenn die gefühlte Ohnmacht in dieser Einrichtung beständig ist. Deshalb nochmals der Aufruf an sämtliche Insassen in Deutschland! Ihr seid aufgefordert dem "lichtblick" kritische Beiträge und andere innovative vollzugliche Zeilen zu schicken, damit die Jubiläums-Ausgabe ein richtiger Knaller wird!

Wichtig ist/bleibt jedoch die Gewährleistung und Pflege einer Gesprächskultur seitens der Verantwortlichen mit der Redaktion, zu der auch der Anstaltsbeirat in der Vergangenheit immer wieder zielführend beigetragen hat. Der Fortbestand des "lichtblicks" ist (hoffentlich) gesichert und an Themen wird es auch in den nächsten Jahren sicherlich nicht mangeln. Auffallend in unserer Wahrnehmung ist, dass sich die Medien verstärkt und sehr kritisch mit dem Strafvollzug auseinandersetzen. Das zeigt uns, dass die dunklen Zeiten mit wenig bis gar keiner Transparenz eingedämmt sind und die Justiz Stellung beziehen muss.

A. H.

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Quelle:
der lichtblick, 50. Jahrgang, Heft Nr. 375 - 2/2018, Seite 23
Unzensierte Gefangenenzeitung der JVA Berlin-Tegel
Herausgeber: Redaktionsgemeinschaft der lichtblick
(Insassen der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel)
Seidelstraße 39, 13507 Berlin
Telefon: 030/90 147-23 29
Fax: 030/90 147-2117
E-Mail: gefangenenzeitung-lichtblick@jva-tegel.de
Internet: www.lichtblick-zeitung.com
 
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Der Bezug ist kostenfrei. "der lichtblick" ist auf Unterstützung durch Spenden angewiesen.


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2018

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