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KAZ/146: Zur Debatte über die EU - Griechenland stellt die Frage konkret


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 330, April 2010
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Zur Debatte über die EU

Griechenland stellt die Frage konkret


Über viele Fragen in Zusammenhang mit der EU wird in der Linken diskutiert. Ob wir gegen die EU sein sollen oder gegen diese EU, ob wir an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen sollen oder ob Wahlboykott zu dieser Karikatur auf ein selbst bürgerliches Parlament die richtige Taktik sei, ob wir die Herausbildung einer europäischen linken Partei fördern, freundschaftlich begleiten oder bekämpfen sollen, wie wir uns zur Neuaufnahme von Ländern z.B. der Türkei verhalten sollen usw.

Angesichts der Krise bekommt Klarheit in diesen Grundsatzfragen ganz praktische Bedeutung.

Einige Eckpunkte kommunistischer Erkenntnis und Politik verdienen es jetzt, gegen das ohrenbetäubende Kampfgeschrei gegen Griechenland wieder in Erinnerung gerufen zu werden; aber auch um den Kompass nicht zu verlieren in der derzeitig scharfen Debatte um die Frage der EU in linken Organisationen.

Eckpunkt 1:
Lenin begründet hinreichend die Behauptung, dass die Vereinigten Staaten von Europa entweder unmöglich oder reaktionär seien. Wir können heute hinzufügen: Je mehr die Vereinigten Staaten von Europa in den Bereich des Möglichen rücken, desto reaktionärer werden sie.

Reaktionär mit ihrer Frontstellung gegen das sozialistische China.

Reaktionär gegen die kleineren Mitgliedsländer, denen eine eigenständige Entwicklung selbst auf kapitalistischer Grundlage abgeschnitten wird und die vermittelt über "Brüssel" zu Sonderwirtschaftszonen der imperialistischen Länder im EU-Verbund werden, in Abhängigkeit vor allem von der BRD, sowie von Frankreich, Großbritannien und Italien. Wie "demokratisch" diese Abhängigkeit geregelt ist, das zeigt sich allein schon durch das Abgehen vom Grundsatz eine Nation eine Stimme.

Reaktionär ist die EU gegen den Rest der Welt, der sie einerseits als "Festung Europa" entgegentritt und sich gegen die Flüchtlinge abschottet, andererseits als bewaffnete Macht sich zu etablieren sucht, die die Ausbeutungsinteressen ihrer Monopole in Afrika, Asien und Lateinamerika schützt - und dadurch die Flüchtlinge schafft.

Und schließlich ist die EU reaktionär gegen die Arbeiterklasse, gegen die Arbeiterbewegung und ihre internationale Solidarität. Die EU bietet eine Plattform des Monopolkapitals, um die Errungenschaften der Arbeiterklasse zu demontieren, die verschiedenen nationalen Abteilungen gegeneinander auszuspielen und die Kapitalisten zu vereinigen gegen alle Bestrebungen der Arbeiterbewegung zu einer neuen Gesellschaftsform, zum Sozialismus, zu gelangen.

Eckpunkt 2:
Die Unterscheidung von Unterdrückernation und unterdrückter Nation beachten. Lenin weist eindringlich darauf hin, dass ein "Übersehen" dieses Unterschieds in blanken Opportunismus führt.

In der Frage der EU wird es überdeutlich, dass die imperialistischen Unterdrückernationen in der EU, Frankreich, Großbritannien, Italien und allen voran der deutsche Imperialismus ein zeitweiliges Bündnis eingegangen sind. Nach dem 2. Weltkrieg zunächst als Bollwerk gegen den Sozialismus in Europa, dann als zweites imperialistisches Zentrum, um mit dem US-Imperialismus zu rivalisieren, seit 1989 als Bündnis zur gemeinsamen Neuaufteilung vor allem Osteuropas und schließlich zum Eingreifen in der ganzen Welt.

Während derzeit die neu in die EU einverleibten Nationen an die Kandare genommen werden und die Beute unter die Großen aufgeteilt werden soll, geraten die Großen unvermeidlich über eben ihren Anteil in Streit. Über die Formen dieses Streits - heute noch friedlich, morgen militärisch - kann man trefflich disputieren. Es ändert nichts daran, dass es um Macht, Herrschaft, Dominanz und Unterdrückung geht.

Eckpunkt 3:
Selbstbestimmungsrecht der Nationen und proletarischer Internationalismus.

In der Epoche des Imperialismus wird das Selbstbestimmungsrecht der Nationen generell in Frage gestellt. Nach der weitgehenden Abschaffung des offenen Kolonialsystems ist die heute noch vorherrschende Form die ökonomische Abhängigkeit bei formeller politischer Souveränität. Tendenzen zur Rekolonialisierung sind jedoch offensichtlich: Kosovo, Irak, Afghanistan.

Die Auseinandersetzung in der EU geht auch um den Grad, in dem Nationen bei ihrem Beitritt ihre politische Souveränität aufgeben müssen. Dies ist das Problem ausschließlich der kleinen und von den imperialistischen Ländern abhängigen Nationen, die neben ihrer ökonomischen Unabhängigkeit nun auch noch ihre politische verlieren sollen und zu Provinzen mit Statthaltern im EU-Reich von Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens Gnaden herabgestuft werden.

Das Selbstbestimmungsrecht dieser Nationen zu verteidigen, ist Aufgabe und Pflicht des Proletariats nicht nur in den abhängig gemachten Nationen, sondern auch des Proletariats in den imperialistischen Ländern. Das Proletariat in einem abhängigen Land steht der Bourgeoisie in diesem Land gegenüber. Diese Bourgeoisie ist umso schwächer, je weniger sie direkt und unmittelbar mit anderen Bourgeoisien verbunden ist. Die Forderung in diesen Ländern muss deshalb heißen: Raus aus der EU! Oder wie etwa bei der Türkei: Den Beitritt verhindern! Dies trifft die verräterische Bourgeoisie im eigenen Land am meisten, die für eine Handvoll Euro bereit ist, das eigene Volk an die Meistbietenden zu verkaufen.

Die Aufgabe der Arbeiterbewegung in einem imperialistischen Land dagegen ist es, durch den Sturz des eigenen Imperialismus die Unterdrückungsmaschinerie EU zum Einsturz zu bringen. Zur Abgrenzung gegen eine faschistische Lösung, die Europa wieder unter dem deutschen Stiefel "vereinigen" will, haben wir die Rechte der abhängigen Länder zu verteidigen, ihr Recht auf Austritt aus der EU, aber auch ihre Rechte, als Gleichberechtigte in die EU eintreten zu können. Dies träfe die deutsche Monopolbourgeoisie am meisten, wenn sie von den eigenen Arbeitern daran gehindert würde, Griechenland oder die Türkei zu demütigen, zu unterjochen und, mit EU-Freibriefen versehen, auszuplündern.

So auch würde die Basis für eine wirkliche Vereinigung von Arbeitern unterschiedlicher Nationalität in Deutschland gelegt und der faktischen Spaltung entgegengetreten, wie sie der deutsche Imperialismus seit mehr als einem Jahrhundert betreibt mit Deutschen gegen Polen, gegen Italiener, Spanier, Griechen und Türken, gegen den "Fremdarbeiter" an sich, der dem deutschen Imperialismus wirklich willkommen nur als Zwangsarbeiter im Lager war.

Dadurch können wir den Klassengegensatz ins Zentrum stellen statt nationale Unterschiede, Hader und Hass.


Was uns Griechenland lehren kann

Die derzeitige Auseinandersetzung um Griechenland und seine Schulden zeigt das wirkliche Gesicht der EU und die hässliche Fratze des deutschen Imperialismus, die nun wieder zum Vorschein kommt. Sie gibt auch einen kleinen Einblick, was die Kapitalistenklasse hier bei uns zu tun gedenkt, um die Lasten der fortschreitenden Krise auf die Werktätigen abzuladen.

Griechenland ist seit 1979 Mitglied der EG, der Vorgängerin der EU.

Griechenland wurde 2001 in die Euro-Zone eingegliedert, obwohl die hierfür von der EU selbst gestellten Aufnahmevoraussetzungen nicht erfüllt waren.

Die Herren hatten dabei vor allem das Eingreifen in Südost- und in Ost-Europa (Bulgarien, Rumänien u.a.) im Auge, die Absicherung der Kolonisierung im Kosovo, wofür sie Griechenland als Sprungbrett nutzen.

Das ließen sie sich damals auch noch etwas kosten. Griechenland wurde sogar mit ein paar "Wohltaten" aus der Brüsseler Lockvogel-Kasse versorgt, wohlgemerkt die griechische Bourgeoisie.

Jetzt wird Griechenland mit dem Rausschmiss aus Euroland und mit massiven Sanktionen gedroht - vor allem auch von deutscher Seite.


Griechenland: Einige Facetten der Ausplünderung

Griechenland entwickelte sich nach der Türkei zum Hauptexportland für deutsche Waffen. In die Türkei gehen 14% des deutschen Waffenexports, nach Griechenland 13%. Von besonderer Bedeutung: Griechenland und die Türkei sind verfeindet und wegen der Teilung Zyperns in direktem Konflikt. Darüber hinaus geht es um die Hoheit über den Festlandsockel in der Agäis, wo Erdölquellen vermutet werden.

Besonders sind es U-Boote und Kriegsschiffe sowie Panzer, die aus der BRD von Krauss-Maffei-Wegemann (Siemens!) und von HDW (Thyssen-Krupp) geliefert werden. Gleichartige Waffen wurden von den gleichen Firmen an die Türkei geliefert. Das Schüren des Konflikts zwischen beiden Ländern ist altbewährtes Kriegswaffen-Marketing und bringt saftige Profite.

Im Übrigen hat die Bestechungsaffäre in Griechenland, die die Siemens-Führungsriege (Pierer, Kleinmann usw.) in Bedrängnis gebracht hat, auch mit diesen Waffengeschäften zu tun - nicht nur, wie in deutschen Zeitungen verbreitet wurde, mit dem Überwachungssystem von Siemens für die Olympischen Spiele Athen 2004. Gegen den ehemaligen griechischen Verteidigungsminister Tsochatzopoulos wurde damals von der Staatsanwaltschaft und einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ermittelt (vgl. http://rondholz.nelkonzept.de). Ungeklärt bleibt, ob diese Waffen alle in Griechenland verblieben sind, oder ob Griechenland nur als Durchgangsstation gebraucht wurde, um sie wegen noch vorhandener Exportbeschränkungen in der BRD (Keine Lieferung in "Spannungsgebiete") in Kriegszonen weiter zu reichen. Es wird vermutet, dass sie aus Griechenland eine Drehscheibe des Waffenschmuggels gemacht haben. Jedenfalls: Das mit 11 Millionen Einwohnern relativ kleine Griechenland zählte nach Angaben des SIPRI in den letzten fünf Jahren jeweils unter die fünf größten Rüstungseinkäufer weltweit. Etwa 12 Milliarden Euro jährlich werden für Militär ausgegeben (BRD offiziell rd. 37 Mrd.).

Vereinfacht kann man sagen: Mit den Schulden, die Griechenland angehäuft hat, wurde u.a. die deutsche Rüstungsindustrie in Gang gehalten und subventioniert. Mit den Geldern haben sich in erster Linie die deutschen Monopolisten satt gemacht, Brosamen sind für die griechische Bourgeoisie abgefallen und zahlen soll nun das griechische Volk.

Aber Griechenland hat einen großen Fehler gemacht. Es hat F16 bei Lockheed in den USA eingekauft, statt Eurofighter bei EADS/Daimler zu bestellen! Dazu gehört auch, dass Griechenland U-Boote wegen technischer Mängel bisher nicht abgenommen und angeblich nicht vollständig bezahlt hat. In diesem Zusammenhang wurde von Thyssen-Krupp gedroht, die zu HDW gehörende griechische Werft "Hellenic Shipyards" zu verkaufen, bei der 16.000 Kollegen beschäftigt sind. Zudem ging ein Auftrag über Fregatten statt an HDW an einen französischen Konzern.


Erpressung nach deutscher Gutsherrenart

Dementsprechend wurde gegen Griechenland das widerwärtigste Schauspiel von deutsch-imperialer Erpressung abgezogen.

Hier nur einige Beispiele:

Unisono wird verkündet "die Griechen" hätten über ihre Verhältnisse gelebt.

Bei Hilfe für Griechenland kämen auch die anderen mit aufgehaltenen Händen daher: Spanien, Italien, Irland, Portugal usw. Dann wird mit Geldstrafen gedroht, der Rausschmiss aus der Eurozone wird öffentlich diskutiert.

Die Währungsunion verkomme zu einer Transfer- und Schuldengemeinschaft (vgl. die "seriöse" Wiwo vom 13.2.2010)

Und dann kolportiert dieses Blatt noch von der Commerzbank (!! - die 2008 selbst bankrott war und heute vom Staat ausgehalten wird) hergestellte Bewertungen der Schuldnerländer nach Schulnoten (a.a.O. S. 20). In diesem Zusammenhang ist nicht zu vergessen, dass sich die negative Bewertung Griechenlands vor allem auf die drei großen Rating-Agenturen (Standard & Poor's, Fitch, Moody's) stützt, die Lehman Brothers noch kurz vor der Pleite Bestnoten gaben!

Dann kommen noch die CDU-Hirnis Schlarmann und Wanderwitz (!), die den Griechen raten, doch ein paar Inseln zu verkaufen, um ihre Schulden zu begleichen.

Oder die Bild-Zeitung, die jeden Konflikt nutzt, um Völkerhass zu schüren und "die Griechen" als Gauner hinstellt, während doch sonst das Fälschen von Bilanzen als Statistiken augenzwinkernd als zum normalen kapitalistischen Geschäftsgebaren gerechnet wird. Und dabei wird noch ganz nebenbei verschwiegen, dass die Statistiken auch in der Zeit "erarbeitet" wurden, als die Nea Demokratia mit Karamanlis die Regierung (März 2004 bis Oktober 2009) bildete, also die wirtschaftshörigen Konservativen aus der "Bruderpartei" der CDU.

Beachtenswert ist in diesem Kontext auch, dass sich vorher bei der Gesundbetung der griechischen Wirtschaft die vor 2004 regierenden Sozialdemokraten von der PASOK der Hilfe der bedeutenden US-Investmentbank Goldman Sachs bedient hatten. Diesen Fehler will Papandreou diesmal nicht mehr machen. Er hat sich einen neuen Helfer eingekauft. Josef Ackermann ist offiziell zum Berater der griechischen Regierung ernannt worden (FAZ 27.2.2010). Kurz zuvor hatte es noch geheißen: "Deutsche Banken meiden Griechenland" (FTD 26.2.2010). Danach wurde die neu aufgelegte griechische Anleihe mit Begeisterung von den Märkten aufgenommen. (1)

Und den vorläufigen Höhepunkt von Unverschämtheiten lieferte der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark: "Die Währungsunion ist eine Schicksalsgemeinschaft. Wer sich nicht an die Regeln hält, handelt unsolidarisch und schadet dem Euro", darf dieses Teutschmännlein der Springerpresse (Welt am Sonntag, 24.1.2010) mitteilen. "Schicksalsgemeinschaft" - das ist direkt aus dem Wörterbuch der Nazis.

Dann noch der "fliegende Holländer" der deutschen Kaffeesatzleserzunft, Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung und Leerstuhlinhaber an der Uni München im Geiferton: "Griechenland hat unter dem Schutz des Euro hemmungslos auf Pump gelebt und seine Schulden verschleiert. Das Land hat sich mit getürkten (!!) Statistiken in den Euro hineingeschmuggelt und danach immer weiter geschummelt, bis der EU der Geduldsfaden riss und sie die griechische Statistikbehörde unter ihre direkte Kontrolle stellte. ... Wenn es schon deutsches Geld zu verteilen gibt, dann sollte auch Deutschland allein darüber entscheiden." (Wiwo 8.3.2010, Hervorhebung Corell)

Und nicht zu vergessen - Rotweinnase Olaf Henkel: "Drohung mit der D-Mark könnte den Euro retten." (Stuttg. Zeitung 13.3.2010). Der war immerhin mal Präsident der Monopolisten-Vereinigung "Bundesverband der deutschen Industrie (BDI)" und ist jetzt zusammen u.a. mit dem Ober-Unternehmensberater Roland Berger, dem Ex-Bundespräsidenten Herzog im "Konvent für Deutschland" vereint, der u.a. von der Deutschen Bank, von RWE und der Bank of Amerika gesponsert wird.


Griechenland als Protektorat

Griechenland soll unter Kuratel gestellt werden - und wird es schließlich. Sein Ministerpräsident muss monatlich bei der EU vorstellig werden und nachweisen, ob die diktierten Maßnahmen durchgeführt werden. "Griechenlands Parlament und Regierung sind nun faktisch entmachtet. Sie dürfen ohne Zustimmung der EU keine neuen Ausgaben beschließen. ... Im EU-Parlament wurde vorige Woche sogar der Ruf laut, einen Sonderbeauftragten für Griechenland mit weitreichenden Vollmachten zu schicken. Schon jetzt ist das kleine Land nur noch eine Art europäisches Protektorat." (Spiegel 6/2010)

Im Ergebnis kann man vereinfacht feststellen: Die Demütigung Griechenlands hatte zunächst und kurzfristig die Wirkung, die Bonität (= eingeschätzte Zahlungsfähigkeit) Griechenlands herunterzureden und damit Griechenland zu zwingen, neue Kredite zu höheren Zinsen aufzunehmen. Davon profitieren (die Sicherheit als gegeben unterstellt) direkt die Banken, die Gelder derzeit fast zu Null-Zinsen bei den Zentralbanken aufnehmen und damit griechische Anleihen kaufen können, die mit 6% verzinst sind. Das ist immerhin doppelt soviel als derzeit der BRD Staat für Anleihen bezahlt. Dieser simple Aspekt darf in einem System, das von Plusmacherei lebt, nicht unterschätzt werden.

Aber wichtiger noch ist die längerfristige Sicht: Der Weg zum Protektorat wird geebnet. Noch ist nicht offensichtlich, wer als Gerichtsvollzieher fungieren könnte, wessen Uniform er anhätte, wenn Griechenland nicht mehr zahlen würde.


Das Maß der Unterdrückernationen und das Maß der unterdrückten Nation

Dabei sind die Schulden von Griechenland veritable Peanuts im Vergleich zu dem, was den Banken nicht nur hierzulande in den Hintern geblasen wurde. Derzeit ist Griechenland bei deutschen Banken mit rd. 31 Mrd. Euro verschuldet (vgl. FTD 26.2.2010). Dabei ist genüsslich zu vermerken, dass das am stärksten in Griechenland engagierte Institut auf den Namen Hypo Real Estate hört. Es ist also die Bank, die der deutsche Staat vor noch gar nicht langer Zeit mit gerade mal 100 Milliarden Euro und einigen Zerquetschten "gerettet" hat und die maroden Eigentümer enteignet hat - leider, leider! Einer einzelnen Bank ist mehr als drei Mal so viel eingeschoben worden, als ein ganzes Land wie Griechenland an Schulden bei deutschen Banken hat. (2)

Nach den sog. (völlig willkürlich gesetzten) Maastricht-Kriterien hätten z.B. Japan, die USA und auch nicht Großbritannien - immerhin keine unbedeutenden imperialistischen Mächte - keine Chance ins Euroland aufgenommen zu werden. Und im Übrigen erfüllt auch die großkotzige BRD selbst die Maastricht-Kriterien nicht (vgl. Wiwo 11.1.2010).

Die USA hatten 2009 ein Haushaltsdefizit (= Staatsausgaben minus Staatseinnahmen) von 1,4 Billionen US-Dollar, das entspricht rd. 11 % des BIP (nach Maastricht sind nur 3% erlaubt) und ist damit beinahe so hoch wie das Defizit von Griechenland (12,7%). "Hätte der US-Senat am Heiligabend nicht die bisher gültige Schuldengrenze von 12.104 Milliarden Dollar um 290 Milliarden Dollar angehoben, wären die USA nach ihrer eigenen Definition pleite gewesen. Denn schon drei Tage nach Anhebungen der Schuldengrenze wurde das alte Limit überschritten." (a.a.O. S. 85)

Die USA liegen bei dem anderen Maastricht-Kriterium (Gesamtschulden/BIP = 60%) bei einem Wert von über 90%, die BRD bei über 80%. Was dies alles nur aussagt ist, dass sie noch nicht einmal ihre selbst gesetzten Grenzen einhalten können und dass der Schmarotzer namens Staat sich kräftig aufbläht. Das "Blut", das diese Zecke aufnimmt, ist das Geld, das sie uns aus den Taschen ziehen. Und die Schulden müssen ja irgendwo gemacht werden. Und so fließt das Blut an die Banken weiter und an die "Anleger", für die das ganze System schließlich ausgerichtet ist und für die es funktionieren muss. Es ist ausgerichtet darauf, dass ein paar Tausend Superreiche noch reicher werden bzw. die schweren Verluste, die sie in der Krise gemacht haben, endlich wieder ausgleichen können. In der BRD sind denn auch die Zinsen, die an die "Anleger" gezahlt werden, der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt!


Dank Euch, KKE - Genossen

Die griechischen Werktätigen bereiten sich mit ihrem Widerstand und in ihren großartigen Kämpfen gegen die Demontage ihrer Errungenschaften und die Verelendungspolitik ihrer von der EU unterstützten Bourgeoisie auf die große Auseinandersetzung vor, in der es um die Verteidigung der nationalen Freiheit und Unabhängigkeit geht und um den Sozialismus, der Freiheit und Unabhängigkeit nur sichern kann. Das griechische Volk wird darauf durch ihre marxistisch-leninistische Partei, die KKE, vorbereitet. Sie hat wie wenige kommunistische Parteien den Leninschen Standpunkt in der nationalen Frage verteidigt und den Zusammenhang mit der sozialen Frage herausgestellt. Sie wird sich von daher durch die Drohung des Rausschmisses Griechenlands aus der kriminellen Vereinigung Euroland nicht abhalten lassen, die Klasseninteressen der griechischen Arbeiterklasse und das Selbstbestimmungsrecht Griechenlands gegen verräterische Tendenzen in der eigenen Bourgeoisie zu vertreten. Von den tapferen Hellenen und der Klarsicht ihrer Kommunisten können gegenwärtig alle Linken lernen. Wenn der Imperialismus zerschlagen wird, wenn das Diktat des Profits gefallen ist, dann erst stellt sich wirklich die Frage neu, wie Nationen sich zusammenschließen können und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit die Völker selbst entscheiden können, wie sie sich annähern und verbinden werden.

Eine besondere Pflicht, die kämpfenden griechischen Kollegen durch eigenen Kampf zu unterstützen, hat die deutsche Arbeiterbewegung. Im Namen von Thyssen-Krupp, Siemens und Deutsche Bank wird Griechenland an den Rand des Ruins getrieben, von den Gleichen, die Deutschland schon zweimal in den Ruin getrieben haben.

Und:
"'Die Krise hat deutsche Wurzeln', sagt etwa Heiner Flassbeck, Chefvolkswirt der Unctad in Genf. Das deutsche Lohndumping habe die Nachbarn in Schwierigkeiten gebracht." (Spiegel 6/20 10) Flassbeck war 1998/99 Staatssekretär bei Finanzminister Oskar Lafontaine und ist Keynesianer - aber in dieser Hinsicht hat er völlig recht. Dahin hat es das reiche Deutschland gebracht, dass es zum Billiglohnland geworden ist und mit der Verelendung der eigenen Arbeiter zur Bedrohung für andere Länder wird. Aber statt einer starken kommunistischen Partei dominieren bei uns die "Sozialpartner" die Köpfe - noch.

Hören wir die Signale:
"Die Arbeitskämpfe in Griechenland sind für die Völker in Europa wichtig, denn ihnen drohen die gleichen Maßnahmen. Deswegen brauchen die Kämpfe in Griechenland die Solidarität aller Werktätigen in Europa, so wie die Arbeitenden Griechenlands deren Kämpfe unterstützen müssen. Unser Ziel sollte sein, dass sich alle Völker erheben, um diese neue Form der Besatzung abzuschütteln, die uns von den jeweiligen Regierungen, aber auch von der EU aufgezwungen wird." (Dimitris Agavanakis in "junge Welt" 11.2.10)

Corell (abgeschlossen 17.3.2010)


(1) Ackermann ist immerhin Chef der Deutschen Bank, in deren volkswirtschaftlicher Abteilung einmal die wirtschaftlichen Möglichkeiten Griechenlands zum Nutzen dieser Bank geprüft wurden, als Griechenland von der Hitler-Wehrmacht überfallen und besetzt worden war. Der Mann für solche Studien hieß übrigens Karl Schiller und durfte 1966 als Wirtschaftsminister (SPD) glänzen.

(2) Wie demgegenüber deutsche Banken in der Presse mit Sammetpfötchen angefasst werden, hier ein Beispiel aus "Spiegel" 50/2009: "Sowohl der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) wie auch der Deutschlandsfonds, mit dem die Bundesregierung notleidenden Unternehmen hilft, sind erst zu einem Bruchteil ausgeschöpft 19 Banken beantragten bislang aber nur (!!!) Hilfen von 163,8 Milliarden Euro, ... Auch die 80 Milliarden Euro für Eigenkapitalhilfen an Banken sind längst nicht verbraucht. Erst (!!) 25 Milliarden Euro hat der Soffin ausgereicht, beantragt wurden 35,1 Milliarden Euro."


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Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 330, April 2010, S. 30-34
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2010