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GLEICHHEIT/5812: Syrien-Verhandlungen nach zwei Tagen zusammengebrochen


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Syrien-Verhandlungen nach zwei Tagen zusammengebrochen

Von Thomas Gaist
6. Februar 2016


Der UN-Syrienbeauftragten Staffan Mistura hat die internationalen Verhandlungen über die Beendigung des Syrienkriegs am Mittwoch unterbrochen. Sie sollen in drei Wochen fortgeführt werden.

Mistura zufolge war das Aussetzen der Gespräche die unmittelbare Folge des Vormarsches syrischer Regierungskräfte in Schlüsselgebiete in der Umgebung von Aleppo. Dadurch wurde die dreijährige Blockade zweier Dörfer durch "Rebellen" durchbrochen, und eine Versorgungsroute islamistischer Milizen gekappt, die von den USA und der Türkei unterstützt werden.

Der UN-Beauftragte sagte, die anhaltenden Bodenkämpfe und der mangelnde Fortschritt nach zwei Verhandlungstagen hätten ihn überzeugt, dass mehr Vorbereitungsarbeit der beteiligten Parteien notwendig sei.

"Ich bin nicht bereit, Gespräche um der Gespräche Willen zu führen", sagte Mistura.

Offiziell waren die jetzt unterbrochenen Gespräche damit begründet worden, Bedingungen für ein Ende des Krieges auszuloten und einen politischen Übergangsprozess einzuleiten, der eine neue, für die USA akzeptable Führung an die Macht bringen sollte.

Weil die Kämpfe am Boden zunehmen, schwindet die Aussicht auf eine Übereinkunft. Der Einsatz hochmoderner Kampfflugzeuge durch Russland hat die syrische Regierung in die Lage versetzt, mehrere Erfolge gegen die von den USA unterstützten "Rebellenmilizen" zu erzielen, zum Beispiel die Eroberung strategisch wichtiger Gebiete in den zentralen und nördlichen Provinzen.

Die Anti-Assad-Kräfte wurden an mehreren Fronten zurückgeschlagen. Dabei haben russische Luftstreitkräfte und Militärberater mit Bodentruppen der Regierung und Assad-freundliche Milizen sowie Hisbollah-Kämpfer aus dem benachbarten Libanon zusammengearbeitet. Die Strategie der Obama-Regierung, auf Stellvertretermilizen zu setzen, die sich fast ausschließlich aus Söldnern zusammensetzen, hat die so genannte "syrische Revolution" angesichts der Offensive der Regierung, die in den letzten vier Monaten über enge Luftunterstützung durch russische Flugzeuge verfügt, verwundbar gemacht.

Die Absage der Gespräche hat den Chor derer verstärkt, die nach Assads Absetzung schreien und das russische Eingreifens verurteilen.

"Wie kann man unter beispiellosem militärischem Druck verhandeln?", sagte ein anonymer "hoher westlicher Diplomat" zu Reuters. "Die Russen und das Regime versuchen die Opposition in Genf rauszudrängen", klagte er.

Die Medien stellen die Sache so dar, als ob Russlands militärisches Eingreifen das Haupthindernis für eine Beendigung des Kriegs sei. In Wirklichkeit ist es die Entschlossenheit der USA und der europäischen Eliten, Assad zu stürzen, die eindeutig die Eskalation in Syrien und die Konfrontation zwischen den Großmächten vorantreibt, denn Assad ist ein enger Verbündeten Moskaus.

Während des gesamten "Friedensprozesses" haben die USA und die Nato ihre offenen und verdeckten militärischen Operationen in Syrien eskalieren lassen. Sie haben Sondertruppen geschickt und ihre konventionellen Truppen und Kampfflugzeuge in den Nachbarländern Türkei und Jordanien stationiert und verstärken ihre Unterstützung für alle möglichen mit al-Qaida verbündeten Milizen und Söldnerbanden. Dazu gehören auch Kräfte, die im Visier der russischen Luftangriffe stehen.

Russlands Vorgehen in Syrien ist im Kern defensiv. Es zielt darauf ab, die Verhandlungsposition der russischen Oligarchie und ihres Staatsapparats gegenüber dem Imperialismus zu stärken. Moskau kann den Sturz eines so wichtigen Verbündeten nicht hinnehmen und hat auch schon seine Entschlossenheit signalisiert, Damaskus noch stärker zu unterstützen.

Ein Nachkriegssyrien, das völlig von den USA und der Nato dominiert wäre, würde Russland den Zugang zu seinem strategisch wichtigen Marinestützpunkt im Mittelmeer verwehren. Genau das ist das Ziel Washingtons im Rahmen seiner militärischen Einkreisung und letztendlichen Zerschlagung der russischen Föderation.

Moskau hat bereits seine Bereitschaft signalisiert, die Militäroperationen fortzusetzen. Auf den Abbruch der Genfer Verhandlungen antwortete der Kreml mit der Bekräftigung seiner militärischen Entschlossenheit.

Russlands oberster Diplomat sagte am Mittwoch, dass die Bombenkampagne weitergehen werde, bis die al-Nusra-Front, der syrische Arm al-Qaidas, zerschlagen sei. Al-Nusra ist eine der größten bewaffneten Gruppen, die die syrische Regierung bekämpft und einer der Hauptnutznießer der Waffen und des Geldes, mit denen die USA und ihre regionalen Verbündeten, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar sie beliefern.

"Die russischen Schläge werden nicht aufhören, bis wir Terrororganisationen wie Jabhat al-Nusra endgültig besiegt haben", erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow. "Ich kann nicht erkennen, warum diese Luftschläge aufhören sollten."

US-General Sean MacFarland sagte den Medien am Montag, dass der IS "in Ländern wie Syrien, dem Irak und dem Jemen zu konventioneller Kriegsführung" greife und "immer mehr zu einer konventionellen Streitmacht" werde.

Daher bereitet sich das US-Militär darauf vor, den irakischen Staat in die Lage zu versetzen, größere und kompliziertere militärische Operationen durchzuführen und dabei das ganze Arsenal moderner Waffen einzusetzen.

"Wir sind von reiner Aufstandsbekämpfung abgerückt und bereiten die Kräfte der irakischen Regierung darauf vor, kombinierte bewaffnete Operationen durchzuführen, sagte MacFarland im Irak.

"Die Fähigkeit, Infanterie, Bewaffnung, Artillerie, Luftkampffähigkeiten, Logistik und andere Kampfmittel auf dem Schlachtfeld zu integrieren, verleiht den Irakern einen entscheidenden Vorteil gegenüber einem statischen Feind, der sich hinter einem Barrikaden-Wall eingegraben hat", sagte er.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 06.02.2016
Syrien-Verhandlungen nach zwei Tagen zusammengebrochen
http://www.wsws.org/de/articles/2016/02/06/genf-f06.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2016

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