Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

GLEICHHEIT/4807: "Manchmal muss man einen hohen Preis zahlen, um in einer freien Gesellschaft zu leben"


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

"Manchmal muss man einen hohen Preis zahlen, um in einer freien Gesellschaft zu leben"(*)

Von Bradley Manning
27. August 2013



Der Grund für die Entscheidungen, die ich im Jahr 2010 getroffen habe, war Sorge um mein Land und die Welt, in der wir leben. Seit den tragischen Ereignissen des 11. September liegt unser Land im Krieg. Wir liegen mit einem Feind im Krieg, der uns nicht auf einem traditionellen Schlachtfeld entgegentritt, und deshalb mussten wir sowohl unsere Methoden zur Bekämpfung der Risiken ändern, die vor uns lagen, als auch unsere Lebensart.

Ich war anfangs damit einverstanden und meldete mich freiwillig, um bei der Verteidigung meines Landes zu helfen. Erst als ich im Irak war und dort täglich geheime Militärberichte las, begann ich, zu hinterfragen, ob wir das Richtige taten. Zu dieser Zeit merkte ich, dass wir bei unserer Reaktion auf den Feind unsere Menschlichkeit vergessen hatten. Wir haben uns bewusst entschieden, im Irak und in Afghanistan Menschenleben abzuwerten. Als wir diejenigen angriffen, die wir für den Feind hielten, haben wir manchmal unschuldige Zivilisten getötet. Wenn wir unschuldige Zivilisten getötet haben, übernahmen wir keine Verantwortung für unser Tun, sondern versteckten uns hinter dem Deckmantel nationaler Sicherheit und vertraulicher Informationen, um zu vermeiden, dafür öffentlich Verantwortung übernehmen zu müssen.

In unserem Eifer, den Feind zu töten, debattierten wir unter uns über die Definition von Folter. Wir hielten Personen jahrelang ohne Verhandlung in Guantanamo fest. Wir ignorierten aus unerklärlichen Gründen Folter und Hinrichtungen durch die irakische Regierung. Und wir nahmen im Namen unseres Kriegs gegen den Terror zahllose weitere Taten hin.

Patriotismus ist oft der Schlachtruf, mit dem die Machthaber moralisch fragwürdige Taten rechtfertigen. Wenn diese Rufe nach Patriotismus jeden auf Logik basierenden Widerstand übertönen, ist normalerweise der amerikanische Soldat derjenige, der irgendwelche schlecht überlegten Missionen erfüllen muss.

Unsere Nation hat im Namen der Demokratie ähnliche dunkle Kapitel durchgemacht - den Trail of Tears, das Dred Scott-Urteil, die McCarthy-Ära und die Internierung von Amerikanern japanischer Abstammung, um nur einige zu nennen. Ich bin mir sicher, dass Vieles von dem, was wir seit dem 11. September getan haben, irgendwann in einem ähnlichen Licht gesehen wird.

Wie Howard Zinn einst sagte, ist keine Flagge groß genug, um die Schande zu verdecken, Unschuldige getötet zu haben.

Ich weiß, dass meine Taten gegen das Gesetz verstoßen haben. Ich bedauere es, wenn meine Taten den Vereinigten Staaten geschadet haben. Es war nie meine Absicht, jemandem zu schaden. Ich wollte den Menschen nur helfen. Als ich beschloss, vertrauliche Informationen zu veröffentlichen, tat ich das aus Liebe zu meinem Land und Pflichtgefühl gegenüber meinen Mitmenschen.

Wenn Sie mein Gnadengesuch ablehnen, werde ich meine Strafe im Bewusstsein absitzen, dass man manchmal einen hohen Preis zahlen muss, um in einer freien Gesellschaft zu leben. Ich zahle diesen Preis gerne, wenn es bedeutet, dass wir ein Land sein können, das wirklich in Freiheit gegründet ist und die Ansicht verteidigt, dass alle Männer und Frauen gleichberechtigt sind.

Anmerkung:
Der Offene Brief ist auf Englisch zu finden unter:
(*) http://www.wsws.org/en/articles/2013/08/23/lett-a23.html

*

Bitte senden Sie Ihren Kommentar an: psg[at]gleichheit.de

Copyright 2013 World Socialist Web Site - Alle Rechte vorbehalten

*

Quelle:
World Socialist Web Site, 27.08.2013
"Manchmal muss man einen hohen Preis zahlen, um in einer freien
Gesellschaft zu leben"
http://www.wsws.org/de/articles/2013/08/27/brad-a27.html
Partei für Soziale Gleichheit,
Sektion der Vierten Internationale (PSG)
Postfach 040 144, 10061 Berlin
Telefon: (030) 30 87 27 86, Telefax: (032) 121 31 85 83
E-Mail: psg[at]gleichheit.de
Internet: www.wsws.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2013