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GLEICHHEIT/4528: Israel erwägt Angriffe auf Syrien


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Israel erwägt Angriffe auf Syrien

Von Jean Shaoul
27. Dezember 2012



Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Jordanien schon zweimal vorgeschlagen, angebliche Chemiewaffenlager in Syrien gemeinsam zu bombardieren.

Wie The Atlantic unter Berufung auf Geheimdienstquellen in Israel und Jordanien schrieb, hätte Israel zwar auch ohne jordanische Zustimmung angreifen können, wie es das bei der Bombardierung angeblicher Nuklearanlagen im September 2007 auch schon getan hatte. Tel Aviv fürchte jedoch die Folgen eines solchen Angriffs für Jordanien. Eine Geheimdienstquelle sagte: "Mehrere Anlagen befinden sich nicht weit von der Grenze. Daher müssen die Jordanier darauf achten, das [syrische] Regime nicht zu provozieren. Sie gehen davon aus, dass die Syrer bei einem israelischen Angriffe eine Komplizenschaft Jordaniens unterstellen würden."

Dem Bericht zufolge patrouillieren israelische Drohnen den Himmel über der jordanisch-syrischen Grenze. Amerikanische und israelische Drohnen halten ein Auge auf vermutete syrische Chemiewaffenlager. Die Nato stützt sich auf Mutmaßungen darüber, dass das Assad-Regime den Einsatz von Chemiewaffen gegen seine Gegner vorbereite, und nutzt sie als Vorwand für militärische Operationen, um in Syrien einen Regimewechsel zu erzwingen und den Iran weiter zu isolieren.

Die jordanische Regierung in Amman soll die Anfragen Israels angeblich zurückgewiesen haben. Angesichts verheerender Folgen einer offenen Zusammenarbeit mit Israel gegen Syrien und im ganzen Nahen Osten konnte Jordanien auch gar nicht anders handeln. Sollte der Eindruck entstehen, dass Israel die bewaffneten Rebellen unterstütze, würde das offenlegen, wie stark die islamistischen syrischen Oppositionskräfte - entgegen ihrer anti-zionistischen Propaganda - im Sinne der imperialistischen Großmächte handeln.

Washington ist immer stärker auf die islamistischen Gruppen angewiesen, um seine strategischen Interessen in der ölreichen Region durchzusetzen. Diese Gruppen werden von sunnitisch-islamistischen Regierungen unterstützt, von Saudi-Arabien, der Türkei, von Katar, Ägypten und der palästinensischen Hamas in Gaza, und sie arbeiten mit al-Qaida zusammen. Washington geht allerdings gemeinsam mit seinem strategischen Partner Israel vor, das hinter den Kulissen wertvolle Aufklärung und Ausbildung betreibt.

Israel arbeitet in Sicherheitsfragen schon seit Längerem mit der Türkei, Jordanien und der Washington-freundlichen Fraktion im Libanon zusammen - alles Frontstaaten im Kampf gegen das Assad-Regime. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre bildeten der israelische und jordanische Militärgeheimdienst den militärischen Flügel der Muslimbrüder aus und bewaffneten ihn, um die syrische Regierung zu stürzen.

Die Website DEBKAfile, die enge Verbindungen zum israelischen Militär- und Geheimdienstapparat unterhält, berichtet, dass die CIA aktiv die Reaktion Israels, der Golfstaaten, Jordaniens und des Libanon auf die Ereignisse in Syrien koordiniere. In der Jerusalem Post hieß es, die CIA sei immer stärker von Israel abhängig, um verlässliche Informationen aus Syrien zu erlangen. Der israelische Geheimdienst Mossad sei in der Lage, diese zu liefern, weil er viele arabisch sprechende Agenten habe. Viele von ihnen sind israelische Juden, die in den 1950er und 1960er Jahren aus Syrien kamen.

Als die syrischen Regierungstruppen im März 700 arabische und westliche Bewaffnete in der Rebellenhochburg Baba Amr von Homs festnahmen, zeigte sich die Beteiligung des Mossad, der CIA, Katars und Saudi-Arabiens, sowie [der amerikanischen Söldnerorganisation] Blackwater. Diese Agenten leiteten von einem Operationszentrum in Katar aus, das von Washington und den Golfstaaten gemeinsam finanziert wurde, zusammen mit Mitgliedern des Syrischen Nationalrats die militärischen Operationen der Rebellen in Homs.

Zu den Bewaffneten gehörten katarische Agenten und nicht-arabische Kämpfer aus Afghanistan, der Türkei und Frankreich, die hochentwickelte israelische, europäische und amerikanische Waffen sowie israelische Granaten, Nachtsichtgeräte und Kommunikationsmittel nutzten.

Im Juli führte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak Gespräche mit seinem amerikanischen Kollegen Leon Panetta über die Situation in Syrien. Er soll ihm gesagt haben: "Wir glauben, dass die Ermordung hoher syrischer Regierungsvertreter den Sturz Assads beschleunigen würde."

Kurz vorher war eine Bombe im Gebäude der nationalen Sicherheit in Damaskus explodiert, die Verteidigungsminister Daoud Rajha und Vizeverteidigungsminister Assef Shawkat, Assads Schwager, tötete.

Im vergangenen Monat berichtete DEBKAfile, dass Rebellen Assads zentrale, auf Israel gerichtete Radarstation M-1 zerstört hätten. "Damit sind Syriens Luftwaffe, seine Luftverteidigung und seine Raketenkräfte in Richtung Israel auf beiden Augen erblindet. Seine Fähigkeit, Krieg gegen Israel, Jordanien oder Saudi-Arabien zu führen, ist schwer beeinträchtigt, wenn nicht zerstört", hieß es.

Der Bericht wies darauf hin, dass die Hisbollah damit ihre wichtigste Aufklärungsquelle für eine Offensive gegen Israel verloren habe.

Solche schweren Schläge gegen das syrische Verteidigungssystem und andere wichtige militärische und strategische Anlagen können nur mithilfe der israelischen militärischen Aufklärung durchgeführt worden sein.

Die Sunday Times enthüllte, dass als Teil von Israels "geheimem Krieg" zum Aufspüren der chemischen und biologischen Waffen Syriens und zur Sabotage ihrer Entwicklung israelische Sondereinheiten in Syrien operieren. Sie arbeiten mit amerikanischen, jordanischen und türkischen Sondereinheiten zusammen, die vorgeblich Chemiewaffen überwachen.

DEBKAfile berichtete am Samstag, die syrische Opposition habe eine "Chlorfabrik" bei Al Safir eingenommen, das größte Chemielager, das auch die syrischen Scud-D Raketen beherberge, die mit Chemiewaffen-Sprengköpfen versehen seien.

Solche Berichte dienen einem definitiven Propagandazweck. Israelische Vertreter bis hin zu Verteidigungsminister Barak drohen immer wieder mit einem militärischen Angriff, um zu verhindern, das chemische und biologische Waffen Syiens in die Hände von Hisbollah oder von "Terrorgruppen und anderen extremistischen Elementen" fallen, aus denen die bewaffnete syrische Opposition zum großen Teil besteht. Im Juli hatte Barak gewarnt: "Syrien hat moderne Flugabwehrraketen, Boden-Boden-Raketen und Elemente von Chemiewaffen. Ich habe unsere Armee angewiesen, sich auf eine Situation vorzubereiten, in der wir die Möglichkeit eines Angriffs ins Auge fassen müssen."

Wenige Tage später erklärte das Weiße Haus, dass die USA die syrischen Chemiewaffenvorräte genau beobachte und in "aktiven Konsultationen" mit den Nachbarn Syriens stehe. Der New York Times zufolge sollen sich die USA gegen einen israelischen Angriff gewandt haben, "weil das Assad die Möglichkeit gäbe, Unterstützung gegen israelisches Eingreifen zu mobilisieren".

Vor wenigen Tagen warnte der israelische Botschafter in Washington, Michael Oren, eine Weitergabe syrischer Chemiewaffen an die Hisbollah würde "die Lage grundlegend verändern".

Israel und seine Hintermänner in Washington sind für den Moment bereit, mit al-Qaida-freundlichen Kräften Seite an Seite zu arbeiten, um religiöse, kommunale und ethnische Spaltungen zum Sturz von Assad zu nutzen. Sie kalkulieren, dass Syrien nach einem Zerfall in sich bekriegende Fraktionen leicht zu managen sei, ähnlich wie der Libanon, und dass dadurch vor allem der Iran geschwächt werde.

Oren erklärte, Assads Fall wäre für Israel und den Nahen Osten ein Gewinn, selbst wenn radikale Islamisten versuchten, dass entstehende Vakuum zu füllen. Er sagte: "Es besteht die Möglichkeit, dass sunnitische Extremisten versuchen werden, die Gunst der Stunde zu nutzen. Nach unserer Ansicht wäre alles besser als die jetzige Situation." Damit spielte er darauf an, dass sich das syrische Regime heute in einer strategischen Allianz mit dem Iran und der schiitischen Terrorgruppe Hisbollah im Libanon befindet.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 27.12.2012
Israel erwägt Angriffe auf Syrien
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2012