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GLEICHHEIT/3939: APEC-Gipfel - USA setzen China in Handelsfragen unter Druck


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

APEC-Gipfel: USA setzen China in Handelsfragen unter Druck

Von Peter Symonds
17. November 2011


US-Präsident Obama bereitete während des Gipfeltreffens der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftszusammenarbeit (Asia-Pacific Economic Cooperation - APEC) am letzten Wochenende in Honolulu den Weg für eine Reihe von Schritten, die in den nächsten Tagen erfolgen werden und den Einfluss Chinas in dieser Region untergraben sollen. Er wird nach Australien fliegen und dort Pläne für eine engere militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern vorstellen, anschließend wird er sich in Bali einfinden, um dort am Ostasien-Gipfeltreffen teilzunehmen.

Das Treffen wurde von der politischen und wirtschaftlichen Krise in Europa überschattet. Die APEC-Führer reagierten unverzüglich und unverblümt mit der Aufforderung an Europa, mit den Sparmaßnahmen in Griechenland und besonders in Italien energisch vorzupreschen. Die Auswirkungen der Rezession und der Finanzturbulenzen in Europa ziehen die asiatische Wirtschaft, darunter auch Chinas, in Mitleidenschaft, die nur noch langsam wächst. Die Aussicht, Asien könnte in den Sog hineingerissen werden, fachte die Rivalität unter den anwesenden Großmächten beim APEC-Treffen weiter an.

Obama nutzte die APEC-Versammlung, China zu Maßnahmen hinsichtlich Wirtschafts- und Handelsfragen aufzufordern. Er drohte mit möglichen Vergeltungsaktionen, sollte dies nicht geschehen. In seiner Ansprache vom Samstag an amerikanische Wirtschaftsführer erklärte der amerikanische Präsident, dass Washingtons Botschaft an China laute: "Wir fordern Sie auf, die Regeln einzuhalten." Er warnte: "Wo wir Regelverstöße sehen, sprechen wir sie aus - in einigen Fällen werden wir auch Maßnahmen ergreifen."

Erneut bestand Obama darauf, dass China den Yuan schneller aufwerten müsse. Er erklärte, die chinesische Währung sei unterbewertet, und sagte: "Das benachteiligt die amerikanischen Geschäfte; es benachteiligt die amerikanischen Arbeiter. Und wir haben ihnen gesagt, dass sich das ändern muss."

Er bezeichnete den Schutz intellektueller Eigentumsrechte und Zugang zu Regierungsverträgen als Hauptpunkte, die China in Angriff nehmen müsse. Zu Patenten und Urheberrechten erklärte er: "Es ist für uns inakzeptabel, nicht den Schutz zu erhalten, den wir auf einem Markt, wie China brauchen."

Bei anderer Gelegenheit erwiderte der chinesische Präsident Hu Jintao auf Obamas Bemerkungen. Er verteidigte den Schutz intellektueller Eigentumsrechte, wie er in seinem Land praktiziert wird und wies die Behauptung zurück, der Yuan sei Schuld am amerikanischen Handelsdefizit. Dieses sei Folge struktureller Probleme der US-Ökonomie. Er sagte, ein neuer Mechanismus zur Steuerung der Weltwirtschaft sei notwendig. Dieser müsste "der Stimme der aufstrebenden Märkte und sich entwickelnden Wirtschaften" ein stärkeres Gewicht verleihen.

Die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr vor Augen, passte Obama seine Rhetorik beim APEC-Gipfel teilweise an die Kritik der Gewerkschaften und republikanischen Rivalen an seiner Regierung an. Diese greifen ihn an, weil er einem härteren Vorgehen gegen China ausweiche. Um seine protektionistische Gesinnung zu unterstreichen, erklärte er: "Wir haben in den letzten Jahren weit mehr rechtliche Maßnahmen gegen China verhängt, als dies in vielen vorangegangenen Jahren der Fall war."

Fundamentaler jedoch ist der von der Obama-Regierung in den vergangenen zwei Jahren betriebene weitreichende Wandel in der Außenpolitik, der gegen Chinas wachsendes wirtschaftliches und politisches Gewicht in der asiatischen Pazifikregion gerichtet ist.

In einer Rede am vergangenen Dienstag legte US-Außenministerin Hillary Clinton diese Neuorientierung dar und erklärte, dass "das strategische und ökonomische Gravitationszentrum der Welt im 21. Jahrhundert der asiatische Pazifik" sein werde. Sie sagte, dass die USA mit dem Abziehen von Kräften aus dem Irak und Afghanistan einen Bedingungen schafften, die es erlaubten "die Investitionen - diplomatischer, wirtschaftlicher, strategischer und auch sonstiger Art - in diese Region deutlich zu erhöhen."

Obama unterstrich diesen Wandel und erklärte an die Wirtschaftsführer gerichtet: "Die Vereinigten Staaten sind eine pazifische Macht und wir sind hier, um zu bleiben...es gibt auf der Welt keine andere Region, die für uns so entscheidend ist, wie die asiatische Pazifikregion...in jeder Beziehung werden wir dieser Region Priorität einräumen: bei der Sicherheitsarchitektur, beim Handel und den Finanzen."

Schwerpunkt der Obama-Regierung auf dem APEC-Treffen war es, die Transpazifische Partnerschaft (TPP) als wichtigsten regionalen Rahmen für Handelsbeziehungen zu etablieren. Die neun Mitglieder des TPP-Dialogs - die USA, Singapur, Chile, Australien, Peru, Neuseeland, Malaysia, Brunei und Vietnam - trafen am Samstag zusammen und unterzeichneten eine umfassende Unterstützungserklärung für diesen Vorschlag.

Die TPP war ursprünglich eine begrenzte Übereinkunft zum Abbau von Handelsschranken zwischen vier regionalen Ökonomien: unter Brunei, Chile, Neuseeland und Singapur. Sie trat 2006 in Kraft. Nachdem die Bush-Regierung 2008 erstes US-amerikanisches Interesse bekundet hatte, machte sich die Obama-Regierung daran, die TPP in ein Werkzeug umzuformen, das den Wirtschaftsrahmen für diese Region diktiert.

Ziel des TPP-Systems ist die schrittweise Abschaffung der Einfuhrzölle in allen Mitgliedsländern sowie die gleichzeitige Lösung einiger darüber hinaus gehender Fragen. Dazu zählen strengere Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums und besserer Zugang zu staatlichen Aufträgen sowie Regeln für das Verhalten staatlicher Unternehmen. All dies sind Maßnahmen, zu denen Washington Peking drängt.

China, das bereits eine Reihe von Freihandelsabkommen abgeschlossen hat, darunter mit dem Verband Südostasiatischer Nationen (Association of South East Asian Nations - ASEAN), zog die Bedeutung des TPP-Plans für Entwicklungsländer in Frage. Spannungen über diese Frage waren offensichtlich.

Als chinesische Offizielle sich beschwerten, dass China nicht zur Teilnahme eingeladen wurde, schoss der stellvertretende amerikanische Sicherheitsberater Mike Froman zurück: "Zur TPP wird man nicht eingeladen. Man kann sie nur anstreben. Es liegt ganz an ihnen selbst, ob sie sich dazu entschließen, den hohen Standards Genüge zu tun, die von einem TPP-Mitglied erwartet werden."

Die Bedingungen des TPP-Vorschlags sind offenkundig für China ungünstig gestaltet. Sie werden als ein Mittel Washingtons betrachtet, Peking die Initiative zu entreißen und Einfluss auf den regionalen Handel zu nehmen. Obama beschrieb TPP als "Keim" für weitergehende Vereinbarungen. Mit anderen Worten: während die momentan involvierten Länder nur geringes wirtschaftliches Gewicht haben und nur etwa sechs Prozent des gesamten US-Handels ausmachen, hofft Washington, weitere große asiatische Volkswirtschaften zur Unterzeichnung seiner Bedingungen zu nötigen.

Ben Potter, Kommentator der Australian Financial Review, erläuterte am Mittwoch: "Wenn die chinesische Führung das Gefühl beschleicht, dass Washington versucht, sie mit Wagen und Verbündeten einzukreisen, braucht sie sich nicht für paranoid zu halten... Die vorgeschlagene Transpazifische Partnerschaft mit ihrer Betonung von Arbeit, Umwelt, gegenseitigem Zugang zu öffentlichen Aufträgen und Schutz geistigen Eigentums, den die USA erstreben, sowie Regeln gegen Währungsrisiken, Manipulation und Günstlingswirtschaft von Staatsunternehmen, könnten nicht besser ausgearbeitet sein, um China auszuschließen."

Der TPP-Plan erhielt erheblichen Auftrieb, als der japanische Premierminister Yoshihiko Noda kurz vor seiner Ankunft in Honolulu erklärte, dass Tokio an den Gesprächen zur Ausgestaltung des Plans teilnehmen werde. Indessen steht Noda zuhause einer erheblichen Opposition gegen diesen Deal gegenüber. Selbst aus seiner eigenen Partei, der Demokratischen Partei Japans (DJP), regt sich Widerstand gegen eine Vereinbarung, welche die stark geschützte Landwirtschaft Japans beeinträchtigen könnte. Vergangenen Dienstag protestierten in Tokio etwa 6.000 Demonstranten, darunter Bauern, gegen den TPP-Vertrag.

Die Uneinigkeit in Japan deutet darauf hin, dass Washington weitergehende Schwierigkeiten bei der Besiegelung dieser Vereinbarung erwarten. Dies gilt zunächst für die Länder, die bereits in den Dialog einbezogen sind, ganz zu schweigen von den anderen. Außer der Tatsache, dass sie Druck ausüben müssen, um ihre Handelsinteressen zu wahren, sind alle Länder in hohem Maße auf den Handel mit China angewiesen und sie werden zögern, auf Bedingungen einzugehen, die sie in Gegnerschaft zu Peking bringen. Ein Rechtsrahmen für die TPP soll im Laufe des nächsten Jahres ausgearbeitet werden.

Nach Abschluss des APEC-Gipfels wird Obama in Canberra erwartet, wo er im australischen Parlament sprechen wird. Anschließend fliegt er über das nordaustralische Darwin nach Bali. Im Mittelpunkt des Besuchs steht die Stabilisierung engerer Militärbeziehungen zwischen den USA und Australien. Diese schließen Regelungen für Stützpunkte für die US-Marines in der Nähe Darwins ein, außerdem Zugang zum Hafen und einen Ausbau der gemeinsamen Manöverübungen. Alle diese Maßnahmen zielen auf die Stärkung der militärischen Präsenz der USA in Asien ab. Sie sind Teil des umfassenderen strategischen Ziels, China einzudämmen.

Obama wird am Ostasien-Gipfeltreffen am kommenden Wochenende teilnehmen. Er wird der erste amerikanische Präsident sein, der diesen Gipfel besucht, nachdem die USA im letzten Jahr formell Mitglied des regionalen Gremiums wurden. Zweifellos wird er die Gelegenheit nutzen, um eine dominante Stellung für die USA herauszuarbeiten und die Botschaft zu verstärken, die US-Außenministerin Clinton im Jahr 2009 den ASEAN-Führern zukommen ließ: dass die USA "wieder in Südostasien" seien.


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Quelle:
World Socialist Web Site, 17.11.2011
APEC-Gipfel: USA setzen China in Handelsfragen unter Druck
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2011