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GLEICHHEIT/2350: Untersucht die amerikanische Folterpolitik und stellt die Verantwortlichen vor Gericht


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Kommitee der Vierten Internationale (IKVI)

Untersucht die amerikanische Folterpolitik und stellt die Verantwortlichen vor Gericht

Von David Walsh
29. Januar 2009
aus dem Englischen (28. Januar 2009)


Von verschiedener Seite werden beträchtliche Anstrengungen unternommen, um die amerikanische Folterbilanz zu verschleiern und die Strafverfolgung der Folterer beim Militär und der CIA und ihrer höheren Vorgesetzten, die diese Verbrechen angeordnet haben, zu hintertreiben.

Wie es aussieht, verzögern die Republikaner im Justizausschuss des Senats die Zustimmung zu Barack Obamas neuem Justizminister, Eric Holder, bis dieser ihnen garantiert, dass kein Mitglied der ehemaligen Regierung Bush wegen seiner Rolle bei der Billigung von Folter angeklagt wird.

Nicht dass die Obama-Regierung in dieser Richtung eines starken Anstoßes bedürfte. Die neue Regierung hat mehrere kosmetische Veränderungen veranlasst, die den brutalen Kurs der amerikanischen Politik im "Krieg gegen den Terror" und die Behandlung von Häftlingen nicht ernsthaft verändern. Weder die Schließung des Internierungslagers Gunatánamo und anderer illegaler CIA-Gefängnisse in spätestens einem Jahr, noch die offizielle Verpflichtung der CIA und des Militärs auf das Folterverbot im Armeefeldhandbuch stellen wirklich eine Lösung dar.

Der ideologische und politische Rahmen für Aggressionskriege und Angriffe auf demokratische Rechte - mit den damit einhergehenden Lügen und Rechtfertigungen - bleibt intakt.

Obamas Ziel ist es, den Schaden teilweise zu reparieren, den die unter der Bush-Regierung begangenen Misshandlungen und Folterungen in Irak, Afghanistan, Guantánamo und dem ganzen Gulag geheimer Folterzentren in aller Welt dem amerikanischen Ansehen zugefügt haben. Das Wesen der amerikanischen Außenpolitik, das Streben nach globaler Hegemonie, und die illegalen und gewaltsamen Methoden zu ihrer Durchsetzung sollen dabei durchaus nicht geändert werden.

Der neue Präsident hat klar gemacht, dass seine Regierung keine Pläne hat, die Täter zu verfolgen. Sie haben ihre Grenzüberschreitungen sowieso mit dem vollen Wissen und der Zustimmung führender Demokraten im Kongress begangen. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand über dem Gesetz steht", sagte Obama den Medien. "Auf der anderen Seite glaube ich aber auch, dass wir nach vorne schauen müssen, und nicht zurück." Das kann man nur als präventive Amnestie für Folterer verstehen.

Dabei ist es gerade wichtig, dass eine solche Untersuchung der amerikanischen Folterpolitik und der damit verbundenen illegalen Praktiken stattfindet und die Schuldigen bis in die höchsten Stellen des Verteidigungs- und Außenministeriums und des Weißen Hauses vor Gericht gestellt werden.

Wenn Obamas Anhänger und die liberalen Medien jetzt so tun, als ob diese Verbrechen abgestellt werden könnten, ohne dass eine erschöpfende Untersuchung aufklärt, wer sie befohlen hat und wie und von wem sie umgesetzt wurden, dann ist das ein grotesker Betrug.

Das ist eine politische und moralische Frage. Das Ziel ist nicht Rache - obwohl die Schuldigen einen hohen juristischen Preis bezahlen sollten -, sondern die Offenlegung und Verurteilung einer Politik, die zu den Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan geführt hat, und die in Zukunft zu noch größeren Verbrechen und Katastrophen führen kann. Der amerikanische Militär- und Geheimdienstapparat, die größte Quelle von Terror und Gewalt auf diesem Erdball, muss mit Stumpf und Stil herausgerissen werden. Ein erster Schritt ist die sorgfältige Aufdeckung und öffentliche Anprangerung seiner zahlreichen Verbrechen.

Die Vertreter des Bush-Regimes sind zuversichtlich, dass sie für ihre Taten nicht zur Verantwortung gezogen werden. Sie können den Demokraten leicht damit drohen, deren Komplizenschaft ans Licht zu bringen. Genau das tat das Wall Street Journal am 6. Januar in einem Kommentar mit dem Titel "Was der Kongress über die 'Folter' wusste".

Das Journal wies darauf hin, dass führende Demokraten - darunter die Abgeordneten Nancy Pelosi und Jane Harman und die Senatoren Jay Rockefeller und Bob Graham - seit Frühjahr 2002 mehr als dreißig Mal "über die "verdeckten Anti-Terror Verhörprogramme der CIA" und ihre Methoden "wie Waterboarding und andere aggressive Techniken" ins Bild gesetzt wurden.

Der Artikel fährt fort: "Von September 2006 an, als Präsident Bush die Existenz dieses Programms öffentlich zugab, wurden die zuständigen Ausschüsse insgesamt über die Verhörmethoden unterrichtet. Wenn der Kongress das Programm hätte stoppen wollen, dann hätte er lediglich die Finanzierung stoppen müssen. Und wenn Demokraten der Meinung gewesen wären, es sei illegal, oder die Aktivitäten der CIA wirklich für so abscheulich gehalten hätten, dann hätte einer von ihnen unter dem Schutz der von der Verfassung gewährten Rede- und Debattenfreiheit im Kongress die Sache im Plenum öffentlich machen können."

Die Komplizenschaft der Demokraten und der liberalen Medien ist ungebrochen. In diesem Sinne hat der Washington Post-Kolumnist Richard Cohen einen Artikel geschrieben, in dem er die Verschleierung der illegalen Aktivitäten der Bush-Regierung rechtfertigt.

Auf gleicher Linie mit dem momentan populären Motiv der angeblich kollektiven Schuld aller Amerikaner an der Wirtschaftskrise und allem anderen, was die Regierung getan hat, fasst Cohen die Richtung seines Artikels in der Überschrift zusammen: "Folter? Dann müsst ihr uns auch anklagen". Er argumentiert, es gab "in dem stark veränderten Land namens 11. September 2001" eine breite Unterstützung für brutale Maßnahmen. George W. Bush habe "eine Zustimmung von 92 Prozent gehabt, was bedeutet, dass so ziemlich niemand der Meinung war, er bewege sich auf dem falschen Gleis".

Wie immer dient die Beschwörung einer "Kollektivschuld" dazu, die wirklich Schuldigen zu schützen.

Cohen behauptet, dass "die Frage der Brauchbarkeit von Folter in der Luft lag", und weist auf die Unterstützung anderer Liberaler hin, unter ihnen Rechtsanwalt Alan Dershowitz (der "die Einführung einer gerichtlichen Foltergenehmigung vorschlug, d.h. die Erlaubnis eines Gerichts, auch schon mal ein paar Knochen zu brechen") und Newsweek-Kolumnist Jonathan Alter.

"Die allgemeine Erkenntnis", schreibt Cohen, "dass Folter nicht funktioniert - und so unvernünftig ist, dass sie schon absurd ist -, hatte sich noch nicht zur unbestrittenen Lehre verdichtet. Das gleiche trifft auf die Einschätzung des damals bevorstehenden Irakkriegs als moralische und praktische Absurdität zu. Der Kongress stimmte mit großer Mehrheit dafür und das amerikanische Volk unterstützte ihn mit großer Mehrheit."

Das ist natürlich eine weitere Verleumdung. Erstens wurde Bush 2000 vom Obersten Gerichtshof eingesetzt, und nicht gewählt. Er hatte nicht die Mehrheit der Stimmen gewonnen. Außerdem waren sehr viele Amerikaner gegen die sich abzeichnende Invasion im Irak und protestierten Mitte Februar 2003 zu Hunderttausenden dagegen. Millionen weitere waren gegenüber den Begründungen der Regierung sehr skeptisch. Aufgrund des fälschlichen Eindrucks, dass die Demokratische Partei sich für ein Ende des Krieges einsetzen werde, wählten die Amerikaner 2006 eine Demokratische Mehrheit in den Kongress und stimmten 2008 für Barack Obama.

Selbst wenn man die Behauptung akzeptieren würde, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Angriff auf den Irak anfänglich unterstützte, wäre das lediglich eine Anklage gegen die amerikanischen Medien, und gegen Cohen, die die Kriegsvorbereitungen unterstützten und die Lügen des Weißen Hauses und des Pentagon nachplapperten. Cohen ist dafür berüchtigt, dass er die Fälschungen schluckte, die Außenminister Colin Powell am 5. Februar 2003 den Vereinten Nationen über die angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak präsentierte. Er sagte damals, die Präsentation stecke "voller erschreckender Details".

Nachdem er mit seiner eignen schmutzigen Rolle geholfen hatte, die folgende Tragödie möglich zu machen, stellt sich Cohen jetzt hin und macht die gesamte amerikanische Bevölkerung für alles verantwortlich, was er gebilligt und legitimiert hat.

"Wir haben gefoltert. Sagt der kommende Justizminister Eric Holder. Wir haben gefoltert. Sagt der Verantwortliche in Guantánamo."

Nein, haben "wir" nicht. Auf Befehl des Weißen Hauses folterten die CIA und das Militär und Cohen und das politische und mediale Establishment haben das unterstützt.

"Was machen wir jetzt?" fragt der Journalist der Post. Zuerst erklärt er die Notwendigkeit, herauszufinden, wie es dazu kommen konnte, dass die Regierung foltern und misshandeln ließ, "weil wir sonst nicht wissen, was zu tun ist, damit die Zukunft nicht doch stark der Vergangenheit ähnelt". Aber dann übernimmt der Kolumnist das Begründungmuster, das zu den kriminellen Praktiken geführt hat.

"Gleichzeitig müssen wir respektvoll mit denen umgehen, die in der Denkweise des 11. September gefangen waren... und die sowieso nur taten, was die Nation und ihre Führer verlangten. Es darf nicht sein, dass unsere Geheimdienstagenten fürchten müssen, für ihr ernsthaftes Bemühen vor irgendeinem Kongressausschuss oder einer Grand Jury zu landen."

Das ist exakt die Argumentation des Wall Street Journal und der Ultrarechten.

Siehe auch:
Die New York Times und die Amtseinführung Obamas
(28. Januar 2009)

Ranghohe amerikanische Armeerichterin räumt Folter
in Guanánamo ein (27. Januar 2009)

Obamas Anordnungen lassen Folter und unbegrenzte
Inhaftierung intakt (24. Januar 2009)


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Quelle:
World Socialist Web Site, 29.01.2009
Untersucht die amerikanische Folterpolitik und stellt die
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2009