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GEGENWIND/669: Buchvorstellung - Wie konnte das geschehen?


Gegenwind Nr. 334 - Juli 2016
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein

Buch
Wie konnte das geschehen?

von Besprechung Klaus Peters


Spät, hoffentlich nicht zu spät, ist das Buch "Landschaftsästhetik heute" von Werner Nohl, erschienen. Der Autor, Landschaftsarchitekt aus Kirchheim bei München, befasst sich als einer der wenigen profilierten Wissenschaftler seit mehreren Jahrzehnten mit einer offensichtlich immer mehr vernachlässigten, eigentlich aber zentralen Aufgabe der Raum- und Landschaftsplanung. Das Buch enthält zahlreiche Aufsätze und Referate des Autors, von denen fast alle in ganz besonderer Weise durch die Entwicklung der Windenergienutzung eine enorme Bedeutung erhalten haben.


Grundsätzlich stellt Nohl fest, dass die Landschaftsplanung sich zu sehr auf ökologische Fragen konzentriert hat, die ästhetische Dimension von Landschaften und von Eingriffen in Landschaften jedoch in hohem Maß vernachlässigt hat. Diese Tatsache wirkte sich dann auch auf Politik und Gesellschaft aus. Gerade auch Richter und Gerichte haben demnach bis heute vielfach nicht erkannt, welche vielfältige Bedeutung intakte Landschaften für die Menschen haben.

In Deutschland sind der Ausbau von Windenergieanlagen und die Ausbreitung von Maismonokulturen offensichtlich am stärksten vorangetrieben worden. Die Auswirkungen sind jetzt schon verheerend, sie haben auch Folgen für das Bewusstsein der Menschen. Erhebliche negative Wirkungen auf fachlich vorgebildete Bürger sind von Werner Nohl durch Untersuchungen festgestellt worden.

Große Teile der Politik und die Windenergieindustrie sind bekanntlich weiter bestrebt, die Zahl von jetzt rund 30.000 Anlagen in Deutschland noch massiv zu erhöhen. Dabei werden die Eingriffe in die Landschaften durch die immer höher werdenden Anlagen immer drastischer. Nur wenige Regionen bleiben verschont.

Nohl zeigt eindrucksvoll auf, weshalb welche Einzelaspekte zu berücksichtigen sind und welche potentiell negativen Wirkungen den umfassenden Schutz von Landschaften und Landschaftsbildern erforderlich machen. Er weist auf den prinzipiell durch das Bundesnaturschutzgesetz (§ 1 und 2) gesetzlich fixierten Schutz der besiedelten und unbesiedelten Landschaft der gesamten Bundesrepublik Deutschland hin. Wegen fehlender sind Politik und Planungsbehörden über diese Vorgaben im Eigeninteresse oder im Interesse der Windenergieindustrie und der Investoren hinweggegangen. Auch die Gerichte haben wegen mangelnder Kenntnisse eher gegen die Landschaft und die betroffenen Menschen entschieden.

Das Buch von Werner Nohl ist daher nicht nur allen am Landschaftsschutz interessierten Bürgern und Bürgerinitiativen, sondern auch allen verantwortungsbewussten Politikern, Planern und Richtern dringend als Lektüre und Arbeitshilfe zu empfehlen.

Der Autor erklärt, dass es nicht zuletzt auch um die Rettung regionaler Identitäten geht. Die politische Propaganda suggerierte den Bürgern, Landschaftszerstörungen gäbe es nicht oder sie seien notwendig, um den Klimawandel zu stoppen. Dabei liegt der Anteil der Windenergie bezogen auf den Primärenergieverbrauch in Deutschland gerade einmal bei 1,6 Prozent (2014) - und das auch noch hochvolatil. Und Alternativen sind doch möglich. Die Begegnung mit intakter Landschaft ist die Quelle des guten Lebens, so die Botschaft des Buches. Auch viele bekannte Landschaftsmaler und Schriftsteller haben immer wieder versucht, dies den Menschen näher zu bringen.

Werner Nohl: Landschaftsästhetik heute, Auf dem Weg zu einer Landschaftsästhetik des guten Lebens, München 2015, 308 Seiten, 34,95 Euro

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Quelle:
Gegenwind Nr. 334 - Juli 2016, Seite 34
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
Schweffelstr. 6, 24118 Kiel
Redaktion: Tel.: 0431/56 58 99, Fax: 0431/570 98 82
E-Mail: redaktion@gegenwind.info
Internet: www.gegenwind.info
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2016

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