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GEGENWIND/531: Westküstentrasse im Fokus


Gegenwind Nr. 292 - Januar 2013
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern

Westküstentrasse im Fokus
Informationsveranstaltung in Husum mit Energiewendeminister aber ohne Bundesnetzagentur

von Klaus Peters



An der am 9. November Husum angebotenen Veranstaltung zur Planung der Höchstspannungstrasse an der Westküste nahm mit Dr. Robert Habeck und Ingrid Nestle erstmals die Leitung des zuständigen Landesministeriums teil. Die Bundesnetzagentur hatte ihre Teilnahme jedoch abgesagt. Es ist anzunehmen, dass dies nicht zuletzt wegen der Entscheidung der Landesregierung erfolgt ist, ihre Planungen zusammen mit den betroffenen Kreisen und dem beauftragten Unternehmen TenneT, das das vorhandene Höchstspannungsnetz auch in Norddeutschland betreibt, vorzuziehen.


Beschleunigung und Akzeptanz miteinander zu verbinden, war dann auch das Hauptanliegen der Veranstaltung. Im Süden des Landes ist ein Planfeststellungsverfahren bereits eingeleitet worden. Folgerichtig soll auf ein üblicherweise durchzuführendes Raumordnungsverfahren verzichtet werden. Das Interesse an der Veranstaltung im Husumer Kreishaus war groß, doch die Kreispolitiker waren nur spärlich vertreten. Die Vertreter der anwesenden Naturschutzverbände haben sich im Prinzip offenbar mit der Trassenplanung abgefunden. Im Rahmen der anstehenden Planfeststellungsverfahren können zwar noch Vorschläge eingebracht werden und prinzipiell ist auch eine Klage gegen Planfeststellungsbeschlüsse möglich, doch üblicherweise sind die Verantwortlichen bemüht, alle möglichen Einwände bereits im Vorfeld zu berücksichtigen bzw. zu umgehen.

Eine besondere Schwierigkeit stellt Querung der Eider und ihres Uferbereiches dar. Hier handelt es sich um ein Schutzgebiet der höchsten Kategorie. Die drei vorgestellten Varianten sind insbesondere aus der Sicht des Vogelschutzes, aber auch des Landschaftsschutzes, höchst problematisch.

Die immer wieder als Alternative genannte Erdverkabelung ist bei Höchstspannungsleitungen für den Drehstromtransport nach Darstellung des eingeladenen Experten, Dr. Klaus-Dieter Dettmann von der Universität der Bundeswehr Hamburg, offenbar nicht unproblematisch und sehr aufwendig. Weniger aufwendig wäre ein Erdkabel für eine Hochspannungsgleichstromübertragung (HGÜ), doch diese Technik ist, im Gegensatz zum Gleichstromseekabel, noch nicht so erprobt bzw. häufig eingesetzt worden. Der eingeladene Experte, Ingo Rennert, Infranetz AG, Müden/Aller, wurde gebeten, vor einer abschließenden Entscheidung einen Fragenkatalog des Ministeriums zu beantworten. Ein Gespräch mit potenziellen Herstellern notwendiger technischer Ausrüstung wie Siemens oder ABB ist offensichtlich bislang nicht vorgesehen. Da insbesondere von Seiten der Betreiber von Windenergieanlagen Druck gemacht wird, ist zu befürchten, dass die Verantwortlichen sich gegen eine Verkabelung entscheiden. Der Druck von Befürwortern des Erdkabels ist allem Anschein nach nicht stark genug. Selbst eine Verkabelung der vorhandenen 110-kV-Leitung im Bereich der Eiderquerung (Rückbau als Ausgleichsmaßnahme) wird zurzeit noch nicht geplant.

Prinzipiell ist die Möglichkeit vorhanden, den Strom aus Nordfriesland auch nach Dänemark und die vorhandene 380-kV-Trasse in der Mitte des Landes abzuleiten, doch nach der weiteren Ausweisung von Windenergieeignungsflächen (um 13.200 auf knapp 27.000 Hektar, jetzt 1,7 % der Landesfläche) hat man sich diesen Weg wohl verbaut. Abzuwarten bleibt, wie sich die Naturschutzverbände als potente Einwender und Kläger verhalten und wie die Gerichte gegebenenfalls entscheiden werden. Von den Gerichten sind nach den bisherigen Erfahrungen sehr wahrscheinlich auch nur ein vorübergehender Stopp und vielleicht noch die eine oder andere Auflage oder eine Erweiterung von Ausgleichsmaßnahmen zu erwarten.


KASTEN
 
Vorgesehene Entschädigungszahlungen:

40.000 Euro pro km für betroffene Gemeinden,
1000 bis 4000.- pro Mast für die Grundstückseigentümer
(für Windkraftstandorte. bis 40.000 Euro jährlich), Kosten insgesamt: rund 3 Millionen pro km.
Kostenangaben zur Verkabelung sind schwankend, können nach Angaben der Betreiber bei Drehstrom um den Faktor 8 bis 10 höher sein, bei Gleichstrom bis um den Faktor 7, nach Angaben des Experten Rennert ist mit keiner Kostenerhöhung zu rechnen.
Trassenbreite für Gleichstromkabel: 3 m, für 380-kV-Kabel 24 m,
bei einem Gebäudeabstand von 40.0 m sind pro Kilometer 80 Hektar nicht für die Wohnbebauung oder dauernden Aufenthalt nutzbar, es ist allerdings zu befürchten, dass die 400 Meter nicht überall eingehalten werden,
Lebensdauer des Gleichstromkabels bis 80 Jahre / Freileitung 80 bis 120 Jahre,
Kabelleitungen zeichnen sich durch sehr geringe elektrische und magnetische Feldstärken aus,
400 bis 700 Vogelopfer jährlich pro km bei Freileitungen,
Kosten und Verfügbarkeit sind umstritten,
Umlagefähigkeit soll geprüft werden.
Bundesumweltminister Altmaier will einen Gesetzentwurf für ein Beteiligungsmodell einbringen, der eine Beteiligungsmarge am Betrieb von Netzen für private Interessenten von 15 %, vor allem für Anlieger, bei einem Mindestanteil von 500 Euro und eine garantierte Verzinsung von 5 Prozent vorsieht (taz vom 12.11.2012). Andere Modelle sehen höhere Einlagen und noch höhere Renditen vor.
Durch verschiedene Beschleunigungsmaßnahmen (u.a. Verzicht auf ein ordentliches Raumordnungsverfahren) soll die 380-Kilovolt-Leitung laut Energiewendeminister Habeck - trotz offener Finanzierung - bereits 2017 fertiggestellt sein, zwei Jahre früher als bisher geplant (SHZ vom 21.11.2012, Bericht über eine Kabinettssitzung in Büsum). Die Alternative Gleichstromkabel war offensichtlich kein ernsthaft diskutiertes Thema.

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Quelle:
Gegenwind Nr. 292 - Januar 2013, Seite 50-51
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
Schweffelstr. 6, 24118 Kiel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2013