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AUFBAU/358: Kuba - "Die Wahlen sind sehr wichtig"


aufbau Nr. 73, mai / juni 2013
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

"Die Wahlen sind sehr wichtig"

GUT ZU WISSEN - Ein Gespräch mit einer jungen Kubanerin.



(agj) Im Februar dieses Jahres fanden in Kuba die Wahlen für die Nationalversammlung sowie die Wahl der Delegierten auf Provinzebene statt. Die Wahlen werden von den Comités de Defensa de la Revolución (CDR) organisiert. Über die CDR und ihre verschiedenen Aufgaben und Arbeitsbereiche wurde in der letzten Ausgabe dieser Zeitung schon berichtet (Seite 5, Comités de la Defensa de la Revolutión) [siehe im Schattenblick unter www.schattenblick.de → Medien → Alternativ-Presse: AUFBAU/347: Kube - Comités de la Defensa de la Revolución]. In diesem Artikel soll das kubanische Wahlsystem und die Wahlen genauer angesehen werden. In den bürgerlichen Medien werden die Wahlen in Kuba als Farce oder vorschnell als gefälscht und erzwungen bezeichnet. Dass diese aber wichtig sind, hat uns auch Laritsa Velasquez aus Santiago de Cuba bestätigt.

Laritsa Velasquez ist 29 Jahre alt und eine Arbeiterin, ohne akademische Ausbildung. Nach ihrer vierjährigen Ausbildung als Hochbauzeichnerin arbeitet sie nun seit einem Jahr in einem Restaurant. Sie ist in den CDR organisiert, sonst jedoch nicht politisch engagiert.


Das Wahlsystem

Den Tag der Wahl schildert Laritsa folgendermassen: Am Tag der Wahlen kann jeder Stimmberechtigte von 6 Uhr in der Früh bis um 6 Uhr abends seine Stimme abgeben. Wenn man arbeitet, ist es besser, wenn man früh geht, damit man rechtzeitig seine Stimme abgeben kann. In jedem Viertel gibt es ein Wahllokal, wo jeder stimmberechtigte Einwohner sich um sein Recht zu wählen kümmert. Man muss nur seinen Namen und die Nummer der Identitätskarte der Aufsichtsperson im Wahllokal geben, die dein Erscheinen notiert und somit bestätigt. Später gehst du in einen kleinen Raum wo du Zugang zum Stimmzettel hast und markierst deine Wahl für die Person, von der du glaubst, dass Sie in der Lage ist die Bedürfnisse aller Einwohner des Ortes zu repräsentieren. Einmal gewählt, geht es zur Wahlurne, wo zwei Pioniere in Uniform stehen, die die Stimmabgabe gleichzeitig mit "voto" bestätigen.


Anonyme und freiwillige Wahlen

Auf die Frage, ob die Wahlen anonym seien, antwortet Laritsa, dass niemand die Möglichkeit habe, deinen Wahlzettel zu sehen. Die Wahlen seien privat, man könne also auch einfach gar nichts auf den Wahlzettel schreiben und somit zu verstehen geben, dass man keinem der Kandidaten seine Stimme geben wolle.

Die Behauptung der ausländischen bürgerlichen Medien, die Wahlen seien erzwungen, widerlegt Laritsa: Wenn man nicht wählen gehen möchte, muss man auch nicht. Die Wahlverantwortlichen sehen allerdings wer nicht gewählt hat und wer somit seine Opposition zum etablierten System offen ausdrückt. Wer seine Opposition nicht offen zeigen möchte, hat die Möglichkeit, den Wahlzettel blank einzuwerfen oder ein Kreuz durch alle Kandidaten zu machen.


Die Delegierten und die Vorbereitung auf die Wahlen

Interessant ist auch die Aufstellung der Delegierten. die gewählt werden können. Monate vor den Wahlen werden in jedem Viertel und an den Arbeitsplätzen Leute für die Wahl empfohlen. Die systematische Vorbereitung, von der Empfehlung der Delegierten bis zur eigentlichen Wahl, macht die demokratische Wahl in Kuba aus. Wochen vorher gibt es viele Diskussionen und auch Berichte im Fernsehen, Zeitungen und anderen Medien. Von allen Kandidaten wird ausserdem ein kurzer Steckbrief mit Lebenslauf vor den Wahllokalen aufgehängt (siehe Bild [in der Originalpublikation]). Werbung und Wahlpropaganda, die über Diskussionen und Steckbriefe hinausgehen, ist jedoch strikt untersagt.


Wahlen als Spiegelbild der öffentlichen Meinung

Die letzte Frage war dann, ob Laritsa die Wahlen als wichtig empfinde und welche Auswirkungen die Wahlen in ihren Augen habe: Die Wahlen sind sehr wichtig, weil sie die öffentliche Unterstützung für das bestehende System repräsentieren. Wenn zum Beispiel die Mehrheit der Stimmberechtigten eines Tages einen "blanken" Wahlzettel einwerfen würde, wäre das aktuelle System sehr destabilisiert.


Zahlen und Fakten der Wahlen 2012/13

Stimmberechtigt ist jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, mit Ausnahme der Insassen von Strafvollzugsanstalten.

Von den Kandidaten der Nationalversammlung sind 49 Prozent weiblich und 37 Prozent Afrokubaner und Mestizen. Das Durchschnittsalter beträgt 48 Jahre.

Die Wähler können in den knapp 30.000 dafür eingerichteten Wahlbüros in geheimer, direkter und gleicher Wahl für einen, mehrere oder keinen der Kandidaten stimmen.

Wahlbeteiligung: 89,61 %
Anzahl der positiven Stimmen: 94,17%
Anzahl der ungültigen/leeren Stimmen: 5,83 % (v.a. die Opposition).

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Kulturredaktion (kur), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 73, mai / juni 2013, Seite 10
HerausgeberInnen:
Revolutionärer Aufbau Zürich, Postfach 8663, 8036 Zürich
Revolutionärer Aufbau Basel, Postfach 348, 4007 Basel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2013