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REZENSION/567: Heinrich Wilms - ELENA und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (SB)


Heinrich Wilms


ELENA (Elektronischer Entgeltnachweis) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung



Am 18. Juli 2011 platzte - drastisch ausgedrückt - eine kleine, wenn man so wollte, regierungsamtliche Bombe. In einer gemeinsam von den Bundesministerien für Wirtschaft und Technologie sowie für Arbeit und Soziales herausgegebenen Pressemitteilung [1] wurde lapidar mitgeteilt, daß das Elektronische Entgeltnachweis-Verfahren, kurz ELENA genannt, schnellstmöglich eingestellt und die Bundesregierung dafür Sorge tragen werde, daß die bisher gespeicherten Daten unverzüglich gelöscht und die Arbeitgeber von ihrer elektronischen Meldepflicht entbunden werden. In den Reihen der wenigen Bürgerrechts- bzw. Datenschutzorganisationen und sonstigen KritikerInnen, die gegen die administrative Totalerfassung der abhängig beschäftigten Bevölkerung in einer bundesweiten Zentraldatei Sturm gelaufen sind bzw. über die aus ihrer Sicht damit einhergehenden Gefahren aufgeklärt haben, mag daraufhin der eine oder andere Sektkorken geknallt haben, schien diese Entscheidung der Bundesregierung doch einem wenn auch späten Zugeständnis an die schon seit vielen Jahren gegen ELENA vorgebrachten Einwände und Kritikpunkte gleichzukommen.

Tatsächlich könnte es sich bei diesem Schritt um ein partielles Nachgeben gegenüber der Ablehnung, die seitens mancher Unternehmen bzw. ihrer Verbände wegen der ihnen durch ELENA auferlegten umfangreichen Meldepflichten laut geworden ist, oder einen taktischen Rückzug gehandelt haben, um einer negativen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorzubeugen. Die Annahme, ELENA sei damit endgültig vom Tisch, könnte sich allerdings eher früher als später als Trugschluß herausstellen, worauf schon die Ankündigung der Bundesregierung, es sei ihr ein "wichtiges Anliegen, Lösungen aufzuzeigen, die die bisher getätigten Investitionen der Wirtschaft aufgreifen", hindeutet. Zudem wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Konzept erarbeiten, um die "bereits bestehende Infrastruktur des ELENA-Verfahrens und das erworbene Know-how für ein einfacheres und unbürokratisches Meldeverfahren in der Sozialversicherung" [1] zu nutzen.

Wenn wie verlautbart die bisher erzwungenermaßen getätigten Investitionen der seit dem 1. Januar 2010 zur elektronischen Übermittlung der Beschäftigtendaten gesetzlich verpflichteten Unternehmen in einem möglichen "Plan B" genutzt werden und die bereits bestehende Infrastruktur sowie das Know-how erhalten bleiben sollen, kann es sich bei einem vermeintlich "einfacheren und unbürokratischen" (neuen) Meldeverfahren eigentlich nur um alten Wein in neuen Schläuchen handeln. Von einer echten Zäsur kann nicht die Rede sein, zumal die seitens der Bundesregierung angegebenen Gründe für die Einstellung des ELENA-Verfahrens eher technischer Natur sind und erkennen lassen, daß die datenschutz- und verfassungsrechtlich begründete Grundsatzkritik von ihr nach wie vor ignoriert wird.

Als Grund für die Einstellung gab die Bundesregierung die "fehlende Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur" [1] an, bei der es sich sozusagen um das elektronische Äquivalent einer rechtsverbindlichen Unterschrift handelt, die in der ELENA-Datenerfassungs-, -übermittlungs- und -anwendungsstruktur unverzichtbar ist, um den Anschein des Einverständnisses betroffener Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten, die mit dieser Signatur der Behörde, bei der sie eine Sozialleistung beantragen, die Erlaubnis zum Datenabruf erteilen (müssen). Mit keiner Silbe läßt die Bundesregierung erkennen, daß sie von den mit der Einführung des vom ersten Planungsstadium an umstrittenen Projekts verfolgten Zielen tatsächlich Abstand genommen hätte, wobei an dieser Stelle nicht verhehlt werden darf, daß zwischen vorgeblichen und tatsächlichen Absichten eine erhebliche Differenz zu bestehen scheint.

Angesichts dieser bislang ungeklärten und nach wie vor politisch brisanten Fragestellungen ist das Gutachten zur rechtlichen Überprüfung von ELENA, das Prof. Heinrich Wilms, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie, Wirtschafts- und Medienrecht an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, im Auftrag der Ärztegewerkschaft Marburger Bund sowie des Verbands Führungskräfte Chemie im vergangenen Jahr erstellt hatte, noch immer aufschlußreich. ELENA sei, so lautete Wilms' in rechtlicher Hinsicht vernichtendes Fazit, "unrettbar verfassungswidrig" [2]. Das Gutachten erschien im Nomos Verlag am 16. September 2010 unter dem Titel "ELENA (Elektronischer Entgeltnachweis) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung".

Zu diesem Zeitpunkt waren vor dem Bundesverfassungsgericht sechs Verfahren zu ELENA anhängig. Einen Eilantrag gegen das Verfahren hatte das Karlsruher Gericht Mitte September 2010 abgelehnt, was angesichts der Stichhaltigkeit und Plausibilität der im Wilms-Gutachten angeführten rechtlichen Argumentation den Verdacht nährt, das Bundesverfassungsgericht habe sich womöglich vor einer politisch unerwünschten Stellungnahme drücken wollen. Angesichts der gesetzlichen Datenschutzbestimmungen könne auf eine Entscheidung in der Hauptsache gewartet werden, hatte die damalige Begründung der Verfassungsrichter gelautet.

Der Staatsrechtler Wilms wäre - unter anderem - ein fundierter Sachverständiger gewesen, um wie schon gegenüber der Öffentlichkeit auch in Karlsruhe deutlich zu machen, warum ELENA vollständig und ersatzlos eingestampft werden müsse und keineswegs, wie es jetzt den Anschein hat, wegen etwaiger Detailmängel repariert werden könne. Zu einer solchen Erörterung, aber auch einer auf breitere Füße gestellten öffentlichen Diskussion, die schon viel zu lange überfällig gewesen war angesichts dieser rund 40 Millionen abhängig Beschäftigte in ihren zentralen Rechten beinträchtigenden Neuerung, wird es unter Beteiligung dieses kritischen Juristen nicht mehr kommen können. Prof. Heinrich Wilms verstarb am 8. September 2010 kurz vor dem Erscheinen des an dieser Stelle vorgestellten und empfohlenen Buchs im Alter von 51 Jahren - "überraschend und viel zu früh", wie es auf der Website der Zeppelin-Universität hieß [3].

Sein ELENA-Gutachten enthält neben der rechtlichen Bewertung dieses in Bausch und Bogen als verfassungswidrig eingestuften Verfahrens detaillierte Informationen, denen ungeachtet der von der Bundesregierung verkündeten Verfahrenseinstellung eine weitere Verbreitung und öffentlich-kontroverse Diskussion zu wünschen wäre, um weit über den bislang eher überschaubaren Kreis der KritikerInnen hinaus aufzuklären und im besten pluralistischen Wortsinn meinungsbildend zu wirken. Wer sich zu Gemüte führt, mit welch einer hohen Detaildichte ein insgesamt 57 (!) Seiten starker Datenkatalog von allen Arbeitgebern der Republik über sämtliche abhängig Beschäftigte, so auch Richter, Beamte und Soldaten, an die eigens zu diesem Zweck bei der Deutschen Rentenversicherung errichtete "Zentrale Speicherstelle" mit hochsensiblen Informationen, die dort in lediglich pseudonymisierter, also auf die Identität der Betroffenen rückführbarer Weise fünf Jahre lang gespeichert werden, monatlich übermittelt werden sollte, wird sich in seinen Zweifeln an den vorgehaltenen Zwecken noch bestärkt sehen.

Dies stellt eine Vorratsdatenspeicherung dar, die, legt man die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, von Karlsruhe gar nicht anders als als verfassungswidrig bewertet werden könnte, zumal sie das Ausmaß dessen, was in einer bereits ergangenen Entscheidung dieses Gerichts zur Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten als "verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung" bewertet wurde, noch bei weitem übersteigt. Gegen das von der Bundesregierung nun erst einmal gekippte ELENA-Verfahren ausschließlich datenschutz- bzw. verfassungsrechtliche Argumente anzuführen, so wie Prof. Wilms es in seinem Gutachten tat, birgt jedoch ungeachtet der Stringenz und Plausibilität der (rechtlichen) Argumentation die Gefahr in sich, wesentliche Fragen in diesem Zusammenhang auszuklammern, eben weil sie per se keine juristischen sind und deshalb in einem Rechtsgutachten auch nicht vermißt werden können.

So geht aus den Ausführungen die Widersinnigkeit der vorgehaltenen Zweckbestimmungen und Ausführungseinzelheiten klar hervor, weitere Schußfolgerungen oder auch nur Fragestellungen fügt der Autor ihnen jedoch nicht an. So wurde, um nur ein Beispiel zu nennen, ELENA damit begründet, Bürokratie abbauen, die Verfahren effizienter zu gestalten und die Kosten zu senken. Dem elektronischen Entgeltnachweisverfahren fehlt es jedoch in all diesen Punkten an einer überzeugenden Darlegung, diese - vorgegebenen - Zwecke tatsächlich erfüllen zu können. So stehen den geschätzten Einsparkosten durch die neue, nun elektronische "Bürokratie" noch unbezifferbare Zusatzkosten und Mehrbelastungen gegenüber, um von der eigentlich unbeantwortbaren Frage, warum die gesamte Arbeitnehmerschaft, also rund 40 Millionen Bundesbürger, in ihren Erwerbsdaten zentral erfaßt werden müssen, nur um den eher geringen Anteil derjenigen, die tatsächlich irgendwann einmal eine der in das ELENA-Verfahren integrierten Sozialleistungen beantragen, angeblich "effizienter" verwalten zu können, gar nicht erst zu sprechen.

Prof. Wilms machte diese Frage zu einem wesentlichen Argumentationsstrang seines Gutachtens und kam zu einem, die rechtliche Legitimation ELENAS nicht nur infragestellenden, sondern vernichtenden Urteil. Unmißverständlich legte er dar, daß und inwiefern die "Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe personenbezogener Daten im ELENA-Verfahren einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Verfahrensteilnehmer dar[stellt]" (S. 131), der seines Erachtens verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist, weshalb die ELENA zugrundeliegenden Rechtsvorschriften - das Gesetz über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises vom 28. März 2009 sowie die einschlägigen Verordnungen der beteiligten Ministerien - verfassungswidrig sind.

Nun sind gutachterliche Ausführungen eines Staatsrechtlers, mögen sie noch so fundiert sein, für niemanden bindend. Es wäre allein Sache des Bundesverfassungsgerichts, das per Regierungsentscheid inzwischen zurückgezogene Projekt verfassungsrechtlich zu prüfen und, sollte es die von Wilms und anderen vorgebrachten Argumente teilen, einzukassieren. Staats- bzw. verfassungsrechtliche Fragen dieser Art sind höchst "politischer" Natur, da sie das direkte Gewaltverhältnis zwischen den Staatsbürgern bzw. Grundrechtsträgern und einer administrativen Architektur betreffen, deren repressiver Zugriff gemäß ihrer tatsächlichen Zweckbestimmung, dem Streben nach totaler Kontrolle, Überwachung und schließlich auch Neutralisierung unliebsamer Verhaltensweisen bzw. der zu Störenfrieden oder auch nur Risikopersonen erklärten Menschen, sich stets in freiheitstötender Weise zu qualifizieren sucht.

Derartige Überlegungen sind in der unmittelbaren rechtlichen Analyse nicht enthalten. So kam Prof. Wilms zu dem Ergebnis, daß ELENA gegen "das verfassungsrechtliche Verbot der Vorratsdatenspeicherung" verstoße und führte an, daß dem Staat "nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Sammlung von personenbezogenen Daten auf Vorrat zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken verfassungsrechtlich strikt untersagt" (S. 133) sei. "Es ist offensichtlich, dass der größte Teil der ELENA-Daten niemals für die gesetzlich vorgesehenen Zwecke benötigt wird", lautet eine weitere Feststellung des Staatsrechtlers (ebenda).

In diesem Zusammenhang hatte Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, schon vor drei Jahren, nachdem das Bundeskabinett am 25. Juni 2008 die Einführung von ELENA beschlossen hatte, zu bedenken gegeben, daß dieses bundesweit einheitlich und zentral organisierte Datensystem einer (mißbräuchlichen) Kontrolle durch Finanzämter, Polizei und Geheimdienste dienen könnte und daß die Behauptung der Bundesregierung, ein Datenabruf sei wäre nur unter aktiver Mitwirkung des betroffenen Bürgers möglich, "schlicht unwahr" [4] sei. Zu diesem Zeitpunkt waren datenschutzrechtliche Kritiken dieser Art bereits sattsam bekannt gewesen, hatten doch die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer seit 2003 - wenn auch erfolglos - versucht, die Einführung von ELENA zu verhindern.

Da zu befürchten steht, daß es sich bei der jetzigen Rücknahme ELENAS um ein ausschließlich taktisches Manöver der Bundesregierung handelt, um durch ein lediglich oberflächlich modifiziertes Datenerfassungskonzept, das in seinem Kern den zentralen Zugriff auf die Gesamtdaten der unselbständig berufstätigen Bevölkerung beibehält, der absehbaren Schelte der Verfassungsrichter zu entgehen, wäre dieser Problematik in der kritischen Öffentlichkeit eine größere Aufmerksamkeit als bisher zu wünschen. Neben der vornehmlich von Datenschützern monierten Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung liefen auch einige Gewerkschaften gegen ELENA Sturm, begrenzten ihre Kritik jedoch auf die ursprünglich miterfaßten Angaben über Streikbeteilungen und Abmahnungen, was die Bundesregierung mit einer "Verschlankung" des Fragebogens zu neutralisieren suchte.

Der Unmut aus Mittelstand und Industrie, der sich an den Mehrbelastungen entzündete, da bei ELENA nicht mehr nur im Bedarfsfall Papierbescheinigungen ausgestellt, sondern für sämtliche Mitarbeiter umfangreiche Informationen auf elektronischem Wege übermittelt werden müssen, mag zu der nun erfolgten (vorläufigen) Einstellung des Verfahrens beigetragen haben. Der Entstehungszusammenhang ELENAS und damit die tatsächliche Qualität dieses ordnungspolitischen Frontalangriffs wurde in der Öffentlichkeit bislang weder ausreichend deutlich gemacht noch einer gesellschaftlichen Debatte zugeführt. Wie Prof. Wilms in seinem Gutachten eingangs ausführte, geht ELENA auf eine Empfehlung der Kommission "Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" unter Vorsitz von Peter Hartz zurück, deren am 16. August 2002 vorgelegtes "Gesamtkonzept zur Modernisierung der deutschen Arbeitsmarktpolitik" fünf Tage später von der damaligen rotgrünen Bundesregierung beschlossen worden war (S. 17).

Das ELENA-Verfahren unter datenschutz- bzw. verfassungsrechtlichen Aspekten zu kritisieren, ohne seine Einbettung in die unter dem Titel Hartz IV bereits weit vorangetriebene Zurichtung der lohn- bzw. transferleistungsabhängigen Bevölkerung unter das Diktat neoliberaler Anpassungsanforderungen zumindest zu thematisieren, stellt im Endeffekt eine Beschwichtigungs- und Desinformationsstrategie dar, weil damit die Annahme, ELENA habe lediglich in rechtlicher Hinsicht Mängel, die auf formalem Wege möglicherweise behoben werden könnten, genährt und vermittelt wird. Zwar hat Prof. Wilms ELENA als "unrettbar verfassungswidrig" bezeichnet, doch schließt diese Bewertung tatsächlich aus, daß ein modifiziertes Verfahren, wie es nun nach den Ankündigungen der Bundesregierung als eine Art Plan B in einer Weise, die den datenschutzrechtlichen Kritikpunkten Rechnung zu tragen verspricht, zu erwarten steht, nicht denselben, in den gesetzlichen Bestimmungen nicht genannten Zwecken dienen wird?

Das im Nomos Verlag im Herbst vergangenen Jahres erschienene Gutachten hat ungeachtet seiner scheinbar mangelnden Aktualität, da das Objekt der juristischen Prüfung durch die diesjährige Einstellung des Verfahrens gegenstandslos geworden zu sein scheint, an Relevanz nichts verloren, zumal es interessierten Laien ein verständlich geschriebenes und nachvollziehbares Rüstzeug liefert, um sich in dem Gestrüpp juristischer Winkelzüge nicht nur zurechtzufinden, sondern den dort unweigerlich anzutreffenden Widersprüchen nachzuspüren. Die geleistete Analysearbeit stößt an ihre inhaltlichen Grenzen, wo es zum vollständigen Verständnis der mit ELENA wie auch den (übrigen) Hartz-IV-Gesetzen verfolgten Absichten unverzichtbar wäre, zwischen diesen beiden Systemen eine direkte Verbindungslinie zu ziehen, zielt doch das vom früheren VW-Personalchef Peter Hartz initiierte und von der damaligen rotgrünen Bundesregierung eingeführte Konzept gleichermaßen auf den Abbau des Sozialstaats wie auf die faktische Einführung der Zwangsarbeit ab.

Mit ELENA und seiner bundesweit zentralen Datenerfassung und -sammlung aller relevanten Informationen über die in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen stehende Bevölkerung würde eine für die mit Hartz IV angestoßene Mangel- und Zwangsadministration unverzichtbare datentechnische Voraussetzung geschaffen werden. Da die Hartz-IV-Gesetze ungeachtet der bislang auch an ihnen deutlich gewordenen Kritik nicht im mindesten durch die Bundesregierung zur Disposition gestellt werden, darf an dieser Stelle die Prognose gewagt werden, daß es ungeachtet der bisherigen Proteste und der von Prof. Wilms wie auch anderen juristischen Experten vernichtend anmutenden rechtlichen Kritik eher früher als später zu einem zweiten Versuch kommen wird, einer bundeseinheitlichen Administration den Boden zu bereiten, die angesichts ihrer umfassenden Erfassungs-, Zugriffs- und Sanktionskompetenzen die Realität eines sozialen Krieges abbildet und befördert, für den es kein historisches Beispiel gibt.

Anmerkungen

[1] ELENA-Verfahren wird eingestellt. Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, 18.7.2011,
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=424742.html

[2] Gutachten zu Arbeitnehmerdatenbank. Elena ist nicht zu retten, Die Tageszeitung, 23.09.2010,
http://www.taz.de/!58756/

[3] http://www.zeppelin-university.de/deutsch/lehrstuehle/recht/rechtsphilosophie_team.php

[4] "Die behördliche Datengier ist umfassend", Gespräch mit Thilo Weichert, Interview: Ralf Wurzbacher, junge Welt, 27.06.2008, S. 2

30. August 2011


Prof. Dr. Heinrich Wilms
ELENA (Elektronischer Entgeltnachweis) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2010
1. Auflage, 143 Seiten
ISBN 978-3-8329-6051-3